105 Seemeilen rund Ærø

FolkebootDetlef Hoepfner
Lesedauer 8 Minuten

Nur noch wenige Meter bis zum Steg. Bis zu einem der Stege. Armin und ich sind uns sel­ten uneins, hier aber unentschlossen – welche der in sehr luftigem Abstand ins Hafen­beck­en geset­zten Pfahlrei­hen passt am besten zu unserem kurzen Folke­boot, wo ist das vom regen­nassen Algen­schmi­er seifenglat­te Holz­plateau nicht ganz so hoch? Von Mom­mark kom­mend hat­ten wir uns bei ständig zunehmen­dem Wind und eini­gen Schauern das Stück bis Lyø hochgear­beit­et, uns am Wind her­an­tas­tend an Fynens Süd­west­spitze steuer­bord gehal­ten und die lange, flache Nord-Landzunge Lyøs umrun­det. Karte und GPS im Blick – neben dem ins Meer greifend­en Naturschutzfin­ger wird es flach – nehmen wir das Groß runter und rauschen nur unter Fock auf die Hafene­in­fahrt zu, die noch gut zu erken­nen ist. Danach würde es laut Hafen­hand­buch aber bei Seit­en­wind zack­ig um die Eck­en gehen. Also noch den Außen­bor­der aus der Hal­terung gewuchtet, Ben­z­in­tank auf, und der Zweitak­ter schiebt uns die let­zten Meter durch die ros­ti­gen Spund­wände der Ein­fahrt, dreht den lan­gen Kiel trotz Wind auch um die Kur­ven. Die Leinen liegen klar, denn welch­er Ort es jet­zt auch wird: der Wind drückt uns dann seitlich, eine zügig fest­gemachte Leine an einem Punkt in Luv macht Sinn.

Weiter nordwärts
Außenborder
Armin Pech

Erfol­gre­iche Fehler­suche: durch den fehlen­den Sprit im Fil­ter kamen wir auf den Riss

Erst in Form eines aus­giebi­gen Früh­sports mit diversen Gas- und Choke-Ein­stel­lun­gen. So aufgewärmt, gehen wir sys­tem­a­tisch vor: Motorab­deck­ung auf, Sprit­fil­ter check­en. Stellen fest: dort ist offen­bar kein Tropfen Ben­zin mehr drin. Tank check­en – voll. Tankdeck­el – Lüfter ist auf. Tank ste­ht ger­ade, Ansaugstutzen ist unter dem Sprit-Lev­el. Alles tip-top. Gum­miball zum Pumpen. Der kommt uns übri­gens seit gestern etwas komisch vor. Son­st nix zu sehen, auch nicht an der Leitung. Warum kommt dieser elende Sprit nicht am Motor an? Armin dreht den Schlauch noch ein­mal aus der Ruhe­lage hin und her – da klappt ihm ein Leitungsriss direkt am Pump­ball ent­ge­gen: Ab hier herrschte also nur noch frisch­er Meer­luft-Flow in Rich­tung Heck zum Motor, wenn man durch Schwenk des Motors leicht­en Zug oder Drehung in den Schlauch brachte. Uns fällt ein Riesen­stein vom Herzen, und merken erst jet­zt, wie sehr uns diese tourentschei­dende Frage doch im Magen lag. Das Werkzeug ist schnell aus­gepackt, der Schlauch gekürzt, Schelle drauf, zwei‑, dreimal pumpen – Motor läuft.

Wir schnap­pen unsere Jack­en, check­en zum hun­dert­sten Mal die Fest­mach­er und erkun­den die Insel. Nur eine Hand­voll zerzauster Segler und zwei, drei Ein­heimis­che sind zu sehen. So malerisch diese ganzen Inseln auch sind: oft ver­bre­it­en sie ja doch eine etwas ver­störende Ver­lassen­heit. Hochw­er­tigst restau­ri­erte und ver­fal­l­ene Häuser wech­seln sich ab, aber die Edelfe­rien­häuser (oder Wer­tan­la­gen) kom­men mir beson­ders spooky vor, so ver­lassen in der Vor­sai­son. Am Weges­rand ein offen­er Ver­schlag mit Spar­dose – hier deck­en wir uns mit ein paar Gläsern selb­st­gekochter Marme­lade ein und erweit­ern unseren Bor­d­pro­viant um eine weit­ere Geschmack­srich­tung „Kirsche“. Bloß auf­passen, dass im Geld­schlitz nicht die falschen Münzen lan­den und wir beim näch­sten Hafe­nau­to­mat­en unter der Dusche im Trock­e­nen stehn.

Karten
Schweinswale
Detlef Hoepfn­er

Wenig Wind = schöne Sicht auf die Schweinswale

Wir trim­men hier und da, aber alle Tricks ändern nichts daran, dass man bei einem knap­pen Knoten Fahrt pro Stunde keine ganze Seemeile gut­macht. Wir gehen ungern so früh an den Treib­stoff, ander­er­seits: „Winden­ergie“ würde sich uns die näch­sten Tage noch zur Genüge bieten. Der Nor­den ist im Juni auch um zehn noch hell, das kommt uns nun zugute. Aber dann sollte man doch im Hafen sein, schon um Mom­marks Hafen­meis­ters leg­endäre Jagdhorn-Ein­lage nicht zu ver­passen. Hin­ten brummt der Zweitak­ter, am Bug spritzt es wieder, wenn auch Motor­boot-gle­ich­för­mig statt Segel- oder Wellen-mod­uliert. Sehr spät leg­en wir nach den ersten 20 Seemeilen in Mom­mark an, proppevoll am Sam­stagabend, außer uns bewe­gen sich am Hafen nur noch ein paar Angler­boote – und die ent­ge­genk­om­mend. Dankbar sind wir der vorauss­chauen­den Crew der in der Hafe­nenge liegen­den Pel­trine, einem über 100 Jahre alten See-Ewer: Zwar haben wir oft genug ver­gle­ich­bare Vorsegel an ähn­lichen Schif­f­en geset­zt und gebor­gen, aber ob wird beim engen Manövri­eren aus unser­er tiefen Folke­boot-Per­spek­tive her­aus an den weit aus­laden­den Klüver­baum weit über uns gedacht hätte, ohne den dran baumel­nden orangen Kugelfender …

Video von der Tour gibt’s hier


Folkeboot
Detlef Hoepfn­er

Armin macht ein Nick­erchen – und doch mal dichte Klam­ot­ten anziehen

Lyø hal­ten wir gut in Erin­nerung, nicht nur vom ben­zin­schlauchbe­d­ingten Anle­gen in Etap­pen und hil­fre­ichen (statt nur gaffend­en) Seglern, son­dern einem wun­der­baren Naturschutzge­bi­et, lan­gen, knor­ri­gen Alleen und dem mys­tis­chen „Glock­en­stein“. Viel Gele­gen­heit, den Tag wun­der­bar auf der Insel zu vertrödeln, umgeben vom schäu­menden Lillebælt.

Klokkestenen
Detlef Hoepfn­er

Pirat­en achteraus?

Zeit­gle­ich kom­men große Tra­di­tion­ssegler von Faborg um die steilen Klip­pen gebo­gen, uns ent­ge­gen oder holen von achtern sich aus dem Hor­i­zont erhebend auf. Was für eine phan­tastis­che Kulisse! Wir hal­ten ihre Kurse im Blick, set­zen uns etwas dichter dazwis­chen. Ein ein­fach über­wälti­gen­des Panora­ma aus kräftigem Wind und lan­gen Wellen, streifen­d­em Salz- und Regen­wass­er, als groß gepin­selte Pati­naflächen dazwis­chen cre­me­far­benes Segel­tuch. Zögen jet­zt noch Kanonen­don­ner und Pul­ver­dampf übers Wass­er, es würde einen fast nicht wun­dern. Nach rund ein­er Stunde hat der Spuk ein Ende, wir sind wieder allein und es stellen sich die All­t­ags­fra­gen: Das häßliche Kümo vor uns – in Fahrt, vor Anker, oder weiß es das ger­ade sel­ber nicht?

Es dauert nicht sehr lange (Karte­nauss­chnitt, und Blick auf die Delius-Klas­ing-App) bis nach 18 sm Ærøskøbings aufgerei­hte Bade­häuserzeile erre­icht und ein guter Platz gefun­den sind: Eine ganz leere Hafe­necke, gegen den Wind geduckt hin­ter ein­er mas­siv­en Stein­mole, das dänisch-bunte Muster hölz­ern­er „Bade­huse“ direkt vor Augen. Im Boot offen­bar sich nach dem Anle­gen das typ­is­che Chaos: Vorm Hafen grob aufge­tuchte Segel. Leinen über­all. Jack­en, nasse Hosen, Ret­tungswest­en. Karten, Kam­era, Tablet, Fer­n­glas, Funk. Unter Deck noch Baum­stütze, Fend­er, Zelt … Dass man abends über­haupt noch ein Lücke für den Schlaf­sack findet!

Armin möchte aufräumen.
Ich will zur Werft.
Armin zeigt auf das mar­itime Chaos rund um uns.

Ich auf die leeren Liege­box­en rechts und links: Hier ist nie­mand, der uns verpfeifen kön­nte – wir sind doch unter uns! Und der Werft-Shop führt manch­mal Wei­h­nachtss­chmuck. Damit kann man bei der häus­lichen Genehmi­gungsstelle für ehemännliche Erkun­dungs­fahrten zwecks tur­nus­mäßiger Ver­mes­sung der Dänis­chen Süd­see sehr erfol­gre­ich Punk­te sammeln. 

Armin möchte aufräu­men. Wenig­stens etwas. 

Wir eini­gen uns, müssen dann zu Fuß schnell ein­mal durch den ganzen Hafen, sind Vier­tel vor Fünf an „Det Gam­le Værft“. Die soeben geschlossen hat! Durchs Fen­ster sicht­bar­er Krim­skrams in den Werftre­galen schaut aus, als hätte er daheim etwas bewirken kön­nen. Nun wer­den wir uns für 2019 was ein­fall­en lassen müssen. Aber Segelk­lam­ot­ten, die schon aufge­hängt gut trock­nen, haben ja auch ihr Gutes.

Detlef Hoepfner
Fähre
Detlef Hoepfn­er

Wo bin ich 😉

Wir schle­ichen um die Boots­baustellen und schla­gen uns in die Neben­gassen. Eine schön­er als die andere, gehal­ten in far­ben­fro­hen, aber nicht über­sät­tigten Far­ben, flaniert von den hier typ­is­chen Stock­rosen. Von der Nør­re­gade schaut man durch die offe­nen Fen­ster in dänisch designte Wohn­räume. Und blickt durch deren hin­tere Fen­ster gle­ich weit­er durch auf die Ost­see. Die Jahreszahlen auf den Giebeln ver­rat­en, dass man schon in den 20iger Jahren des let­zten Jahrhun­derts wusste, wie es sich schön wohnen lässt, ganz ohne Foto­tapete oder Riesen­glotze an der Wand.

Æroskøbing
Kurs Marstal
Detlef Hoepfn­er

Kurs Marstal

Die Segel­woche neigt sich, es ist nochmal sehr viel Wind aus Nord ange­sagt. Die Rich­tung passt per­fekt, wir haben gut geplant. Nur zwei Tage drauf ist endlich nach­lassender Wind ange­sagt, wenn wir wieder einen sehr lange Schlag zurück nach Deutsch­land vor uns haben. Aber jet­zt schon ganz zurück … doch lieber Zwis­chen­stopp in Bagenkop. Raus aus Ærøskøbing pfeift es wieder ordentlich. Das Groß ist angeschla­gen, aber nicht geset­zt. Wir hof­fen, allein mit sehr reduziert­er Segelfäche – unter Fock – bei kräftigem Nord­west auf Halb­wind­kurs mit Kurs auf Drejø so viel Höhe hal­ten zu kön­nen, um von dort in die Mørkedyb-Rinne hin­un­terzu­rutschen. Die Welle nimmt ordentlich zu, die paar Segler um uns rum schauen von deut­lich größeren Booten auf uns runter. Sie kön­nten not­falls auch unter Motor einen Kurs „erzwin­gen“. Wir dage­gen müssen uns völ­lig an die Sit­u­a­tion adaptieren.

Mørkedyb
Detlef Hoepfn­er

Fahrwass­er-Wirrwarr vor Marstal – und das Trock­endock ist weg

Also Auss­chau gehal­ten, ob man den näch­sten beton­nten Hak­en Rich­tung Marstal nicht etwas mildern und abkürzen kann, ohne das Boot auf eine Sand­bank zu set­zen. Am Ende der Rinne bietet sich dazu nach SW ein Schlag über „Mey­ers Grund“ an, angesichts des See­gangs mit deut­lichem Abstand zu den Tiefe­nangaben, die mit ein­er „2“ vor dem Kom­ma in der Karte ste­hen. Vor Marstal ange­langt gilt es dann, die richtige Beton­nung der drei Fahrwass­er plus Hafen­z­u­fahrt statt der vorge­lagerten Stein­mole zu erwis­chen – nur unter Vorsegel bei dem vie­len Wind und ohne Option, unter Motor zu kor­rigieren gibt es hier auch nur einen Ver­such, richtig abzu­biegen. Wir hat­ten über­legt, noch einen Zwis­chen­stopp einzule­gen, den Tag extra hät­ten wir dafür. Aber mor­gen soll das Wet­ter kom­plett kip­pen, statt kräftigem Nord­west plöt­zlich Süd­west. Wir möcht­en hier nicht plöt­zlich eingewe­ht wer­den und denken, dass wir weit­er südlich auf Lan­ge­land bess­er aufge­hoben sind, um von dort bei SW zurück nach Deutsch­land zu kom­men. Also weit­er. Back­bord schim­mern mit klar­er Far­bkante abge­gren­zt die Sand­bänke dicht am Fahrwass­er, die Kulisse von Marstal zieht beim Kurs Süd steuer­bord vor­bei, mit gewöh­nungs­bedürftigem Umriss: Jahrzehnte geze­ich­net von den in den Him­mel ragen­den Fin­gern der Kräne und dem kasti­gen Schwim­m­dock der Marstal Værft, deren land­schaft­sprä­gende Stahlmonster aber 2017 nach Svend­borg ver­legt wur­den. Schön war anders – aber irgend­wie fehlt einem diese Land­marke jet­zt doch.

Strom
Hafen Bagenkop
Detlef Hoepfn­er

Bess­er kann es einem nicht gehen

Die vie­len freien Box­en liegen lei­der alle quer zum Wind, der Wind­druck nur im Rigg reicht aus, unser fest­gemachte Boot zu krän­gen. Noch hof­fen wir, einen der später ein­laden­den Segler neben uns lock­en kön­nen für etwas Deck­ung. Stattdessen gibt es zwar gut zu tun, von eben­so zer­rupften Seglern Leinen anzunehmen. Aber ihre fet­ten Motoren, mit denen sie mehr oder weniger erfol­gre­ich ver­suchen, ihre Anleger kon­trol­liert ver­laufen zu lassen, wühlen das halbe Hafen­beck­en rund um uns auf und es ist dann vielle­icht doch bess­er, dass wir alle etwas Abstand halten.

Nebe­nan wer­den die gemesse­nen Windgeschwindigkeit­en disku­tiert, und unser Zelt fürs Cock­pit bleibt fest weggepackt. Und da wir ja bei dem Gepfeife kaum den Gaskocher in Gang bekä­men, müssen wir lei­der, lei­der, aus­nahm­sweise im Hafenkiosk Riesen­por­tio­nen Lan­gelæn­der-Pommes und ein paar dicke Burg­er ver­drück­en. Nur ein Pølser reicht heut nicht. Aber auf einem Stuhl zu sitzen, ohne dass einen der Wind weg­drückt – das ist auf ein­mal unge­wohnt. Wir guck­en weit­er Wet­ter, Wet­ter, Wet­ter: Mor­gen, am vor­let­zten Tag, kräftiger Süd­west. Über­mor­gen dann deut­lich weniger – yiep­pieh, zulet­zt noch ein ruhiger­er Segelt­ag? Wir laufen nochmal zur Hafene­in­fahrt, schauen uns den See­gang und ein paar dazwis­chen ein­laufende Angler und Segler an, klet­tern auf den kleinen Aus­sicht­sturm: Da möcht­en wir jeden­falls so bald – und vor allem in Gegen­rich­tung – nicht wieder durch.

Bagenkop
Klippen
Detlef Hoepfn­er

Die Klip­pen, jet­zt von See aus
Kurs auf die deutsche Ostseeküste
Leuchtturm Schleimünde
Detlef Hoepfn­er

Zurück am Leucht­turm Schleimünde
Schlei
Detlef Hoepfn­er

Gesamte Runde um Ærø mit 105 Seemeilen (knapp 200 km)

Sailing-Sounds recorden

Recording better sailing soundsDetlef Hoepfner
Lesedauer 12 Minuten

[ eng­lish ver­sion]

Vor­beirauschende Luft sorgt nicht nur für unsere Fort­be­we­gung auf dem Wass­er, son­dern auch für eine wun­der­bare Sound-Kulisse. Diese Ein­drücke auf ein­er Audio-/Videoauf­nahme einz­u­fan­gen, ist schwierig – der Windzug sorgt im Mikro­fon für Arte­fak­te, die viele Auf­nah­men unbrauch­bar machen kön­nen. Das muss doch bess­er gehen? Erste Ver­suche mit einem Immer­sive-Sound-Head­set – hier im Video, unten beschrieben.

Ohne Luft kein Klang­trans­port zu unseren Ohren. Nur dumm, dass Mikro­fone nicht unter­schei­den kön­nen zwis­chen gewün­schtem Wohl- oder Dra­mak­lang und ein­er Böe, die es in der Auf­nahme ein­fach nur poltern und krachen lässt. Und wenn man sich ein­mal zwingt, die ständi­ge Audiokomen­sa­tion des Gehirns auszuschal­ten, hört auch ohne Mikro­fon im Wind: Schon der reine Wind­kon­takt mit den Ohrmuscheln sorgt für eine zusät­zliche Geräuschkulisse. Bis dahin, dass es Rad­fahrern deswe­gen schw­er­fällt, her­an­na­hende Autos rechtzeit­ig zu hören. Als Segler macht man sich dies sog­ar unwillkür­lich zunutze: Eine schein­bare Win­drich­tung spüre ich ein­fach­er, wenn ich ein wenig mit dem Kopf pen­dele und an den Ohren sowohl die Tem­per­atur des Windzugs spüre als auch das leichte Rauschen an der Ohrkante.

Mikro­fone und ihr Geg­n­er „Wind“

(Mikrofon-)Katzen kom­men mir nicht an Bord – schon gar nicht tot

Aus­pro­biert: Recor­dend rund um Ærø

In-Ear-Mikro­fone – eine Lösung?

Segel­prax­is mit dem Ambeo-Mikrofon

Segler-Kun­stkopf unter der Kapuze

Auf­nah­me­po­si­tio­nen: man kann ja nicht weit weg auf dem Boot

Audio-Nach­bear­beitung der Segelfilme: funk­tion­iert De-Wind?

Wind­schutzideen

Kurzfassung: Tipps gegen Windstörungen in Segelvideos

  • Winde­in­flüsse müssen (auch vom inter­nen)  Mikro­fon fer­nge­hal­ten werden
  • bess­er ein pro­vi­sorisch­er Schutz (Socke ums Smart­phone!), als gar keiner
  • nachträglich lassen sich Störun­gen nur mäßig ent­fer­nen, Hoch­pass­fil­ter nutzen
  • externe In-Ear-Mikro­fone liefert drastisch besseren Sound, das Set ist vertret­bar­er Zusatza­ufwand, muss aber auch vor Wind geschützt wer­den. Und sei es durch die zuge­zo­gene Kapuze!

Den kratzi­gen Audio­ef­fekt ken­nt jed­er, der ein­mal bei etwas Wind mit seinem Smart­phone eine kurze Auf­nahme ges­tartet hat: Es krächzt ein­fach nur furcht­bar. Mikro­fone sollen zwar die fein­ste Luft­be­we­gung im Schall reg­istri­eren, der kräftige Luftzug aber, der das Sig­nal poltern oder gar clippen/übersteuern lässt, aus­ge­blendet sein. Dabei han­delt es sich ja um die jew­eils gle­ichen „Luft­par­tikel“!

Umso schlim­mer trifft es uns, die wir ja bevorzugt auf dem Wass­er herumzis­chen. Und die den Wind generell eher pos­i­tiv bew­erten. An Bord sitzend und run­dum eine Fülle pos­i­tiv­er Ein­drücke mit allen Sin­nen aufnehmend bleibt dann auf dem Video oft nur ein wack­e­liger Hor­i­zont und ein lautes CHRRRRRRRRRRRR. Das nervt.

NDR-Dreharbeiten
Richtig mikro­foniert gegen den Wind: NDR-Dreh bei “Klas­sisch am Wind”. So eine “tote Katze” gilt es prak­tik­a­bel nachzu­bilden Mike Peuk­er

In der Record­ing-Tech­nik gibt es bewährte Gegen­mit­tel. Am bekan­ntesten ist die „Tote Katze“: Um das gefed­erte Mikro­fon wird ein großer Korb gebaut, der mit einem durch­läs­si­gen Fell umman­telt ist, sodass die Wucht des Luftzugs abge­bremst wird. Beson­ders schnell set­zen die tief­fre­quenten Attack­en ein; kein Wun­der, wenn man sich Fre­quenz und Wucht dieser böi­gen Wind­be­we­gun­gen vor Augen führt. Ist im Auf­nahme­set kein Raum für große Körbe, behil­ft man sich mit direkt am Mikro­fon befes­tigten, durch­läs­si­gen Fell­stück­en oder Schaumstoffbällen.

Pro­duk­te und Anleitun­gen dafür gibt es in den Fachme­di­en in Hülle und Fülle. Aber: Wenn man nicht als Reportage-Team an Bord, son­dern nur zu zweit in der Nässe auf dem Boot unter­wegs ist – wie soll man sich dann noch um eine Mord­skon­struk­tion mit Tonan­gel usw. küm­mern? Hin­ter­her sieht man dann noch aus wie die Hob­byan­gler, die dem armen Fisch bis an die Zähne bewaffnet auf die Pelle rück­en, als würde sich da ger­ade eine Marine-Elite­tauch­er-Ein­heit anschle­ichen. Eine weit­ere Möglichkeit wären nicht gerichtete und beson­ders abges­timmte Mikro­fone. DPA in Däne­mark hat­te dazu mal ein Video gedreht, in dem die Windempfind­lichkeit von Reportagemikro­fo­nen ver­glichen wurde. Entschei­dend scheint nicht nur die Aus­führung des Wind­schutzes im Mikro­fonko­rb, son­dern auch die Kapse­lab­stim­mung selbst.

Aber auch die nützen mir bei einem Spaß-Törn nix, wenn ich an der Pinne sitze und spon­tan denke: Wow, das muss ich schnell fil­men! Denn dann habe ich nur mein Smart­phone zur Hand, oder vielle­icht die Kom­pak­tkam­era oder DSLR.

In den let­zten Jahren haben wir bei diversen Törns in der Dänis­chen Süd­see einige pro­vi­sorische Audioauf­nah­men durchgetestet, denen eins gemein war: Unsere Aufmerk­samkeit galt in der Lin­ie dem Segeln, das Record­ing lief irgend­wie neben­her. Im Zweifels­fall gucke ich lieber ein­mal mehr auf die Seekarte als auf die Kam­era. Ich ver­passe lieber eine schöne Auf­nahme als die Hafene­in­fahrt. Und immer berück­sichti­gend: Ja, wenn man ersthaft aufn­immt, weiß man sehr genau, was zu tun ist. Aber: Fiel­d­recorder, ein Stapel vernün­ftiger Mikro­fone und und und – bleibt alles zu Hause, ich habe Urlaub! Dieses Sam­mel­suri­um für das Fil­men beim Segeln kam zum Einsatz:

Recorder
Schon mit einem ein­fachen Recorder (mit der Aussterung ver­traut machen!) wird der Ton zwar deut­lich bess­er. Muss aber danach zum Bild syn­chro­nisiert wer­den – und nicht vergessen, die Mikro­fone vor Wind zu schützen! Detlef Hoepfn­er

Klein­er Dig­i­tal­recorder: Keine schlechte Idee, aber ich will nicht steuern, fil­men und noch den Recorder bedi­enen! Etwas windgeschützt im Cock­pit z.B. aber kann man schöne Basis­sounds ein­fan­gen, die man dann später unter “mißratene” Video­clips mis­cht. Will man sich­er gehen: Min­destens eine Socke über die Mikro­fone ziehen.Smart­phone – na ja: Die meis­ten Videos nimmt man eh damit auf, also nutzt man auch dessen Mikro­fon. Unser Smart­phone steckt in einem wasser­festen, zum Mod­ell genau passenden wasserdicht­en Case. Über­raschung: Die Windgeräusche sind dadurch eher noch heftiger als ganz ohne Hülle. Aber zum Case gibt es keine Alter­na­tive, schon weil ich das Smart­phone dadurch per Sicherungs­band mal irgend­wo sich­ern kann, damit es nicht herumfliegt.

DSLR – Schrottsound: Die einge­baut­en Mikro­fone liefern immer­hin ein Stere­o­bild, sind bezüglich Win­dan­fäl­ligkeit aber das pure Grauen. Man kön­nte Fellschnipsel draufk­leben, in ein­er Sai­son habe ich immer schnell ein Hal­stuch um die Optik (und damit vor die Mikro­fone) gewick­elt. In der aktuellen Sai­son bin ich dies­bezüglich lei­der etwas vergesslich gewor­den. Resul­tat: Sound­schrott! Ja, es gibt ein­fache Auf­steck­mikro­fone. Aber die Kam­era (derzeit D750) rollt gele­gentlich beim Segel­manöver zwis­chen Tauen und unseren Füßen auf dem Cock­pit­bo­den herum (denn tiefer kann sie dann ja kaum noch fall­en) – da stecke ich doch keinen zer­brech­lichen Klim­bim oben an die Kam­era dran.

Übri­gens: Gim­bal … Ja, the­o­retisch gute Idee. In der Prax­is: Alles viel zu fum­melig, empfind­lich. Vielle­icht eine Option, wenn man fest immer ein Smart­phone “übrig” hat, es einges­pan­nt lässt und irgend­wo trock­en weglegt für bes­timmte Momente. Aber auf einem kleinen Boot ist eh schon alles zu viel, was man extra mit­nimmt. Zumin­d­est, wenn man – wie wir – für so eine Tour allen Segelkrem­pel von ver­schiede­nen Booten zusam­men­sam­melt und auf ein geliehenes Boot umsortiert.
Also trainiert der ein­armige Kapitän bess­er weit­er seinen Kam­er­aarm und die Aus­gle­ichs­be­we­gun­gen in den Knien.

Es gibt schon länger eine kleine Szene von Nerds, die als Son­der­an­fer­ti­gun­gen  oder Klein­se­rien kom­pak­te Mikro­fone in der Form von In-Ear-Mikro­fo­nen tra­gen und witzige Videos drehen, in denen sich ein sehr plas­tis­ch­er, immer­siv­er Sur­round-Sound der Umge­bungk­länge erleben lässt. Sound­man in Berlin ist ein­er dieser Pio­niere. Sennheis­er hat diese Idee 2017/2018 eben­falls aufge­grif­f­en und in ein Serien­pro­dukt über­führt. Super­prak­tisch: Es kann ohne externes Inter­face direkt an einem einiger­maßen aktuellen iPhone betrieben wer­den, und es dient auch gle­ichzeit­ig als Hör­er. Sport- oder Action­szenen ste­hen dabei aber derzeit wohl nicht an erster Stelle. Unter dem „Ambeo“-Label forciert Sennheis­er darüber hin­aus aber auch eine ganze Rei­he pro­fes­sioneller Pro­duk­te rund um die Pro­duk­tion immer­siv­er Sounder­leb­nisse, die Kol­le­gen von Sound&Recording stellen sie hier vor.

Meine eige­nen Mehrkanal­ton-Instal­la­tio­nen zu Hause habe ich zwar kom­plett abge­baut und weggepackt – aber kön­nte diese Hör­er/Mikro­fon-Kom­bi­na­tion für Smart­phones eine Lösung sein? Für meinen Immer­sive-Sound-Grund­la­ge­nar­tikel hat­te ich sowieso ein Foto­muster von Sennheis­ers Ambeo-Hoff­nungsträger im Büro, also ein­mal ab damit nach draußen. Die diversen Schal­ter und Knöpfe haben mich direkt über­fordert, also doch bess­er mal fünf Minuten damit beschäfti­gen: Es gibt einige Funk­tio­nen, die auch das Wahrnehmen von Umge­bungs­geräuschen verbessern, wenn man mit den Stöpseln im Ohr musikhörend herum­läuft – was ich nie mache, schon weil ich ein­fach solche Dinger im Ohr nicht lei­den kann. Plus dass ich wenig Bedarf haben, die meist schö­nen Klänge um mich herum durch Alter­na­tivbeschal­lung zu übertönen.

Sennheiser Ambeo Headset
Sennheis­er Ambeo Smart Head­set mit Bedi­enein­heit, zwei Ohrbügeln incl. Hör­ern und Mikro­fo­nen sowie Smart­phone-Steck­er Detlef Hoepfn­er
Die drei ersten Ergeb­nisse mit dem Sennheis­er Ambeo vor dem Törn:
  • Das Sennheis­er Ambeo liefert eine sehr schöne Raum­ab­bil­dung. Da kann man jet­zt lange nerdig über die Qual­ität der Vorne- oder Hin­ten-Ortung disku­tieren – aber hey, das ist ein Con­sumer-Pro­dukt. Und über die inter­nen Wan­dler kann man aktiv mithören, man ist während der Auf­nahme nicht isoliert. Gut!
  • Das Sennheis­er Ambeo ist erst ein­mal nicht weniger win­dan­fäl­lig. Meine Hoff­nung, dass Form, Abstim­mung und Posi­tion der Mikro­fone in den Ohren vielle­icht beson­dere Vorteile bezüglich der Win­dan­fäl­ligkeit böten, hat sich lei­der nicht bestätigt. Den­noch sind später beim Segeln sehr coole Auf­nah­men entstanden.
  • Die Hand­habung ist eben wie sie so bei dieser Pro­duk­t­gat­tung ist (und mich auf die Palme bringt): Erst mal heißt es immer, die Kabel zu ent­tüd­deln und den richti­gen Stöpsel ins richtige Ohr zu bekom­men. Auf Dauer würde ich mir jeden­falls rot/grüne Markierun­gen für Back- und Steuer­bord-Ohr dran­kleben. Die Gen­er­a­tion, die zusät­zlich zur Nabelschnur mit zwei weit­eren Strip­pen zur Welt gekom­men ist, agiert da sich­er geduldiger.

Gele­gen­heit zum Prax­is­test hat­te ich sieben Tage lang auf dem Wass­er und auf diversen dänis­chen Inseln – the­o­retisch. Tat­säch­lich mit dem Ambeo aufgenom­men habe ich … vielle­icht eine halbe Stunde in Summe, lei­der nur. Denn selb­st bei ein­er ganzen Woche auf dem Folke­boot (einem über 70 Jahre alten Schmuck­stück von www.klassisch-am-wind.de) ist man so viel mit wun­der­baren Auf­gaben wie Segel­prax­is, Törn­pla­nung, Wet­ter­beobach­tung, Karte­nar­beit, Kartof­felschälen oder Löch­er-in-die-Luft-guck­en beschäftigt, dass der ganze Elek­tron­ikkram in den Hin­ter­grund rückt. Und sicheres Ankom­men via attrak­tiv­er Routen ste­ht bei den Touren ganz im Vorder­grund. Alle Auf­nah­men, die ich nun in einem Video zusam­mengeschnit­ten habe, ent­standen daher zu nur zwei Gelegenheiten.

Die größte prak­tis­che Ein­schränkung: Man hat schon eine Segel­jacke an – jeden­falls bei unseren fast durchgängig sehr stür­mis­chen Tagen. Darüber eine mehr oder weniger mar­tialis­che Ret­tungsweste. Da ist dann vorne manch­mal noch ein Lifebelt einge­hakt. Das Smart­phone (mit zusät­zlich laufend­er Seekarten-App) steckt wasserdicht ver­packt in der Hosen­tasche. Jet­zt noch zwei fil­igrane Kabel sortieren, Mikro­fon­stöpsel in die Ohren, das iPhone-Case öff­nen und Mikro­fon und Smart­phone verbinden? Bei rup­pigem Wet­ter eine Herausforderung.

Mit Kapuze segeln
Je nach Wet­ter ist man eher beschäftigt, die näch­ste Tonne nicht zu ver­passen oder von Bord zu fliegen, als jet­zt noch Record­ing-Equip­ment zu instal­lieren Armin Pech

Und dann noch der Wind. Gegen die Windempfind­lichkeit testete ich zuvor einige banale Tricks, wie ein über die Ohren hochge­zo­genes Hal­stuch (kein überzeu­gen­des Ergeb­nis). Unter­wegs griff ich dann mehr oder weniger aus Rat­losigkeit dazu, ein­fach die Kapuze der Regen­jacke über die Mikro­fone in den Ohren zu ziehen. Dem Audio­profi dreht sich da natür­lich der Magen um: Nicht wegen der Schaukelei, son­dern ein „Kun­stkopfmikro­fon am leben­den Sub­jekt“ mit drüberge­zo­gen­er Kapuze macht jet­zt nicht so viel Sinn, oder? Die ganzen Reflex­io­nen rund um die Ohrmuschel wer­den ja total gestört, erhal­ten bleiben immer­hin die Laufzeitun­ter­schiede zwis­chen den Ohren. Und für die Hochtonauf­nahme ist das auch nicht erste Wahl. Dabei finde ich einen Audio­ef­fekt beson­ders stark: Im Folke­boot sitzt man sehr tief direkt in der Nähe der Wasser­ober­fläche. Die vom gek­link­erten Rumpf gebroch­enen Wellen rauschen direkt neben einem vor­bei. Mil­liar­den von winzi­gen Bläschen zer­platzen und erzeu­gen einen ganz eige­nen Sound. Alles da in der Real­ität: Bässe, Mit­ten, feine Höhen.

Ob das auf­nah­me­tech­nisch opti­mal ist, weiß ich noch nicht, aber super bewährt hat sich auch das aktive Mithören während der Auf­nahme bei den Sennheis­ers: An Bord bei etwas Welle herumk­let­ternd bekomme ich eigentlich direkt ein ungutes Gefühl, wenn ich mir die Ohren zustöpse­le. In dem Moment merkt man erst, wieviel Ori­en­tierungssinn auch über das Gehör läuft. Aktiviert hört man eher so, als wären die Stöpsel nicht im Ohr – sozusagen das Gegen­teil des (eben­falls möglichen) Noise Can­cel­ing.

Aufnahme am Süllrand
Detlef Hoepfn­er

Aufgenom­men habe ich mehrere Posi­tio­nen: Tief über dem Wass­er in Lee nach vorne sehen, dann nach hin­ten übers Heck blick­end (und dadurch mehr von der Kapuze geschützt, da der Wind ja bei den meis­ten Kursen eher vor­lich ein­fällt). Noch geschützter tiefer im Cock­pit sitzend, wobei ein zweit­er Sound immer stärk­er dominiert: Wenn der außen nicht glat­te, son­dern durch die Klink­er­bauweise „stu­fige“ Holzrumpf in die Wellen taucht, pro­duziert er recht fette, tief­fre­quente Klänge, die ich zulet­zt noch im Bootsin­neren auf­nahm. Dort drin­nen ohne Kapuze, wobei hier wenig Hochfre­quen­zan­teile zu vernehmen sind, bis auf das diverse Geklap­per von einigem Krem­pel (wie sich­er und trock­en man vorher auch alles ver­staut haben mag).

Die Ergeb­nisse sind, nach­dem ich noch einen jew­eils angepassten Hoch­pass gegen die verbliebe­nen Wind-Rum­pler angewen­det habe, angesichts der Umstände verblüf­fend gut! Mein per­sön­liche Favorit im Video: Der Blick auf den Kom­pass im Cock­pit, der wenig Wind ein­f­ing, daher noch viel Tiefton­in­halt behielt und eine Mis­chung aus don­nern­dem Holzrumpf, rauschen­den Wellen und den diversen Boots­geräuschen bietet. Auch ein seitlich­er Blick in Lee zum Bug bietet mir Hör­genuss: An Back­bord rauschen die Wellen von vorne seitlich nach hin­ten vor­bei, an Steuer­bord dominiert der Boots-Sound, und zwis­chen­durch klap­pern Details wie der Schäkel, der am Großbaum irgend­wo über/hinter einem für die herun­ter­hän­gende Dirk angeschla­gen ist. Schwierig zu unter­schei­den ist manch­mal, woher einige der „Crack­les“ in den Auf­nah­men stam­men: Es kann sich um kleine Klap­pereien am Boot han­deln, Wasser­spritzer, das Sch­aben der Regen­jacke am Mikro­fon – oder kom­men sich da Mikro­fon und Haare in die Quere? Also direkt mal zum Friseur, Ohren freischneiden.

Ver­lock­end ist die Per­spek­tive, die ganzen Fehler und Audiostörun­gen eines Video­clips in der Nach­bear­beitung mit ein, zwei Tricks schnell zu kor­rigieren. Das ist im Fall der Windgeräusche eine Illu­sion.

So lange es sich um sehr tief­fre­quente  Störun­gen han­delt, kann man diese – wie bei den Ambeo-Auf­nah­men unter der Kapuze prak­tiziert – mit einem Hoch­pass dämpfen. Die Win­drum­pler ver­schwinden weit­ge­hend, damit aber auch der “Rumms”, wenn die Welle den Bug trifft. Da kann man noch ein wenig pfuschen (wie im Intro meines Videos), indem man eine saubere Auf­nahme im LF drun­ter­mis­cht. Zur Verdeut­lichung ein Beispiel, aufgenom­men m Hafen: Das wieder­holte Muster aus senkrecht­en orangen Lin­ien sind die schla­gen­den Fall­en run­dum, auf dem recht­en Ohr (unten) beson­ders am Anfang Wind­stöße, und durchgängig “Wind­druck” im LF-/Tiefton­bere­ich.

Windspektrum
Sehr kräftige LF-Störung auf bei­den Ohren, aufgenom­men bei wenig Wind am Ufer Detlef Hoepfn­er
Hochpassfilter
Hoch­pass­fil­ter 200 Hz – das nimmt neben dem tiefen Rumpeln schon Grund­ton weg Detlef Hoepfn­er

mit Hochpass
Ergeb­nis mit HPF – das Schla­gen der Fall­en im Hafen ist weit­er zu hören (orange Striche in Fen­ster­mitte), der ganze tiefe Win­dan­teil ist gedämpft Detlef Hoepfn­er
Beson­ders prob­lema­tisch ist aber, wenn die Wind­störun­gen im Fre­quen­zspek­trum sehr bre­it aus­fall­en. Und das ist meis­tens der Fall. Noch schlim­mer: Es han­delt sich nicht um einzelne, kleine Audio­events, son­dern die Störung dauert mehrere Sekun­den an. Meine Videoauf­nahme in Luv ste­hen und zum Bug blick­end zeigt, dass dann die Hil­fe via Hoch­pass­fil­ter schnell zu Frust führt: Die Auf­nahme wird dann ziem­lich “dünn”, weil man das Fil­ter bis in den Mit­tel­ton­bere­ich hochschieben muss.

Windstoß
Der kräftige Wind­stoß anfangs auf dem recht­en Ohr reicht im Spek­trum bis über 1 kHz hin­auf – per Hoch­pass­fil­terung würde hier schon viel von der Auf­nahme ver­loren gehen Detlef Hoepfn­er
Aber kön­nen hier nicht mod­erne Fea­tures wie das De-Wind-Plu­g­in von iZo­tope RX6 ret­tend ein­greifen? Nach mein­er Erfahrung: Schwierig. Die Tools sind dazu entwick­elt, aus ein­er nicht ide­alen Auf­nahme ein konkretes Nutzsig­nal – wie einen Dia­log – sauber her­auszuisolieren. Wir haben aber bre­it­bandi­ges Meeres­rauschen, lange brechende Wellen, Wind­heulen im Rigg – wie soll da ein Algo­rith­mus unter­schei­den, welch­es Rauschen gewollt und welch­es böse Wind­störun­gen in der Mikro­fonkapsel sind? Wie auch immer ich die Para­me­ter gedreht habe: entwed­er es blieb die Wind­störung, oder es gab viel Arte­fak­te, oder beides.

Windstörungs/Wellen-Mix
Wind­störungs/Wellen-Mix von Bord – das zu tren­nen, würde ewig dauern Detlef Hoepfn­er
Was dage­gen möglich ist, ist das par­tielle Ent­fer­nen kurz­er Störun­gen Schnipsel für Schnipsel, eventuell getren­nt für L und R. Auch die Ret­tung via Spek­tral-Repair kann da erfol­gre­ich sein. Aber wenn man sich oben ein­mal dieses Spek­trum von Bord ansieht, aufgenom­men mit einem durch­schnit­tlichen Smart­phone: Völ­lig über­trieben, hier jet­zt nächte­lang die einzel­nen Wind­störun­gen im Mikro­fon (grün, hun­dert­fach sich wieder­holend) vom Wellen­rauschen (blau) tren­nen zu wollen. Ver­mut­lich bekäme man eher das gewün­schte Nutzsig­nal – Wellen- und Wasser­rauschen – weggerechnet …

Langer Rede kurz­er Sinn: Mit den In-Ear-Mikro­fo­nen bekommt man tolle Sounds hin, aber was auch immer man benutzt: es geht kein Weg an einem Wind­schutz vor­bei. Und sei es eine schnell übers Mikro­fon oder Smart­phone gezo­gene Socke.

Nach einiger Grü­belei entwick­elte ich eine weit­ere Idee für die smarten In-Ear-Mikro­fone: Man müsste doch eine Art Kopfhör­er bauen, nur als Wind­schutz … das Mate­r­i­al dafür ist auf dem Weg zu mir für eine sim­ple und eine etwas aufwändi­gere Idee mit mehr (gut!) oder etwas weniger Abstand zum Mikrofon.

Um dann festzustellen, dass Rycote sowas bere­its für die Sound­man-Mikro­fone baut und über die gängi­gen Musik­er-Onli­neshops anbi­etet. [Emoti­con: flache Hand vor die Stirn schla­gend …] Kann dann ja wohl nicht so abwegig sein; mehr dazu hier als Nach­trag nach erfol­gter Bas­tel- und Erprobungsrunde!


Dis­claimer: Boot gechar­tert bei Mike Peuk­er, zusät­zliche Auf­nah­men und Tests bei www.segeln.ruhr, kreative Diskus­sio­nen mit den Jungs von www.soundandrecording.de und www.kameramann.de in den Neben­büros, Sennheis­er Ambeo für ein anderes The­ma geliehen bei Sennheiser. 

Und an alle SEO-Freaks, die jet­zt mit Blick auf das Mate­r­i­al hier jam­mern “Das macht doch so alles keinen Sinn!”: Segeln macht auch gar keinen Sinn!

Immersive Sound – auch wieder nur Quadro?

Soundscape-DemohalleDetlef Hoepfner
Lesedauer < 1 Minute

Immer­sive Sound, 3D-Sound, Sur­round Sound, Wellen­feldsyn­these … die pro­fes­sionelle Audiotech­nik nimmt einen neuen Anlauf, mehrkanalige Wieder­gabesys­teme zu etablieren. Mein­er – zugegeben – ersten Skep­sis (die per­sön­liche Sur­round-Intstal­la­tions-Begeis­terung ist nach einem let­zten Auf­bäu­men mit dem Ver­legen von Kabelka­nälen im neuen Estrich kom­plett eingeschlafen, ich höre jet­zt zu Hause mono …) fol­gte dann doch 2017/2018 einige Aha-Effek­te: Sich­er, den Her­stellern liegt am Herzen, angesichts der über­mächti­gen Dom­i­nanz visueller Event-Tech­nik nicht ganz ins Abseits zu ger­at­en. Wom­it weniger die gesellschaftliche Anerken­nung, als vielmehr die Tech­nik-Bud­gets gemeint sind. Und die Musik wird weit­er vor dem Mikro­fon gemacht, wie man hier in unserem Bericht “Ich mis­che 1.0” zum Sound der Rolling Stones nach­le­sen kann.

Aber die aktuellen Work­flows, mit denen sich auch kom­plexere Laut­sprech­er-Kon­stel­la­tio­nen super pla­nen, umset­zen und steuern lassen – und die im “Vol­laus­bau” auch eine richtig fette Sur­round-Instal­la­tion ein­fach­er beherrschbar machen – sind auch geeignete Tools, sozusagen “Vorstufen” eines Immer­sive-Sounds zu real­isieren: Mit nur weni­gen Quellen mehr an der Bühne gelingt beispiel­sweise  das Sound-Image schon drastisch bess­er, auch ganz ohne Hubschrauber-Herumflatterei.

In den let­zten Monat­en hat­te ich etliche gute Gele­gen­heit­en, mich darüber mit Experten auszu­tauschen, Mei­n­un­gen und Tipps einz­u­fan­gen, und natür­lich etliche Beispielauf­bauen zu hören. Diese aktuellen Trends und Tipps habe ich hier bei Pro­duc­tion Part­ner zusammengefasst.

Design contra R&D?

Interview mit Ben und Kai zum Lautsprecher-DesignDetlef Hoepfner
Lesedauer < 1 Minute

Form fol­lows func­tion … gilt das eben­falls für einen Design-Laut­sprech­er, der in anspruchsvollen Umge­bun­gen eine gute Fig­ur abgeben, aber auch ver­ständlich und gut klin­gen soll? Entwick­lungsleit­er Ben Lam­pert und Design­er Kai Jentsch von der Adam Hall Group disku­tierten mit mir an Hand eines Säu­len­laut­sprech­ers, wie sie den Entwick­lung­sprozess des Lin­ien­strahlers abstimmten und begleiteten!

Rote Kisten an der A1

Detlef Hoepfner
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Schon mal die großen roten Kisten an der A1 gese­hen, am Rasthof bei Lohne? Das ist ein ehe­ma­liger Pavil­lon der Expo 2000, umge­baut zum Fir­men­sitz der pan-pro GmbH, bei der es alles vom Dig­i­talmis­ch­pult bis zum maßge­fer­tigten Büh­nen­vorhang gibt. Also ein Paradies (direkt nach ein­er Bootswerft, jedenfalls).

pan-pro hat auch 2018 wieder unser Kom­mu­nika­tions-Know-how genutzt, um auf die eigene “Hausmesse” aufmerk­sam zu machen; ent­standen ist dabei auch mein kurzes Video.

Wenn man bedenkt, dass viele ähn­liche Ver­anstal­tun­gen froh sind, 50 Leute zu ziehen, kann man pan-pro zu fast 300 Besuch­ern bei den PRO DAYS sich­er gratulieren!

Weit­ere Infos zum Event hier bei PRODUCTION PARTNER.

Segelfoto „making of“ – Fotografieren an Bord

Herbst-AbenteuersegelnDetlef Hoepfner
Lesedauer 9 Minuten

Spielt sich das wahre Erleben vor oder hin­ter der Kam­era ab – ich bin mir da nicht immer sich­er: Was nicht den Weg durch meine Kam­er­alinse fand, empfinde ich als gar nicht richtig erlebt – oder ver­ankerte sich das Aben­teuer tiefer, wenn ich mal die Knipse wegle­gen würde?

In unser­er Jugend­abteilung des SVWK (www.segeln.ruhr) wird daher jeden­falls viel fotografiert, und spätestens zum Jahre­sende stürzen sich auch alle Kinder begeis­tert auf die gemein­sam erar­beit­eten Foto­ergeb­nisse. Eins der Fotos hat es in die 2018-Endauschei­dung des Ver­ban­des SVNRW geschafft, und damit in die Segler Zeitung und auf die Messe boot.

Sto­ry zum Wet­tbe­werb in der Segler Zeitung Detlef Hoepfn­er

Präsen­ta­tion der Nominierun­gen auf der boot 2018 Detlef Hoepfn­er

Die Kinder sind stolz wie Bolle! Und auf Face­book & Co gab es dazu eine Menge Traffic.

Daher hier mein „Segelfo­to mak­ing of“! Übri­gens gibt es zu dem The­ma nun bei Ama­zon auch ein e‑book von Stephan Boden „Mit der Kam­era an Bord – Ein­fache Tipps für gute Fotos“.

Herbst-Abenteuersegeln
Aben­teuersegeln in der Däm­merung: wo man selb­st noch gut sieht, ist für die Kam­era längst Schicht – Nikon D750, 30 mm, 1/125 s, f 4,5 und ISO 12.800 Detlef Hoepfn­er

1. How to: So ein Bild braucht 1/25 Sekunde. Plus ein paar Jahre.

„Ist Fotografie Kun­st?“ fragte man sich in deren Anfangszeit. Wenn wir uns darauf eini­gen, dass Kun­st nicht nur von „Kön­nen“ (s. u.), son­dern auch von „Kün­den“ abgeleit­et wer­den kann, bedeutet dies: Um etwas erzählen zu kön­nen, muss man es erst erlebt haben. Ein Bild wie unser Beitrag zum SVNRW Fotowet­tbe­werb (und sich­er viele der anderen Motive eben­so) wird daher nur möglich, wenn man selb­st ins The­ma ein­taucht. Wenn man mit­segelt, mit­staunt, mit­friert.  Dass man sich wie alle anderen die Fin­ger klemmt, nasse Füße holt, gemein­sam die Hände am Tee­bech­er wärmt – das wun­der­bare Erleben ganz beson­der­er Momente teilt. Dazu eine gemein­same Beziehung baut und lebt, und nicht als knipsend-poltern­der Fremd­kör­p­er im Wege ste­ht. Nach ein paar Jahren – schon hat man den Dreh raus. Daher gilt auch: Die Fotos (hier größ­ten­teils aus­sortiert, weil unsere Kinder­fo­tos nix im WWW zu suchen haben) dienen nicht dem Fotografen-Ego, sie sind lediglich ein „Neben­pro­dukt“ unseres Segelvergnü­gens, und ver­längern dieses ein wenig in die Zeit, während der wir an Land ver­ban­nt sind.

Segeln dür­fen wir auf dem Kem­nad­er See nur bis Mitte Novem­ber. Aber warum im Novem­ber noch aufs Wass­er? Im Win­ter dür­fen wir nicht, im Som­mer dage­gen wächst uns der See zu. Bleiben die Zeit­fester dazwis­chen. Seit­dem wir endlich die Sicher­heit auf dem Wass­er vernün­ftig gewährleis­ten kön­nen, dehnen wir also die Segelzeit aus, so weit es geht. Natür­lich bei vertret­baren Sichtver­hält­nis­sen spät­nach­mit­tags, die Fotos sehen viel dun­kler aus, als die Umge­bung für das men­schliche Auge tat­säch­lich ist. Überre­den muss man dazu nie­man­den: Schlecht­es Wet­ter find­en die Kinder, wenn kein Wind ist. Nach einem ersten Ver­such vor ein paar Jahren, bei dem dann tat­säch­lich hin­ter­her im Taschen­lam­p­en­licht der let­zte Kram in die Schapps ver­packt wurde, erlebten wir im Fol­ge­jahr eine Über­raschung: Kaum begann die dämm­rige Segelzeit, standen die Kinder unaufge­fordert mit der Stirn­lampe auf der Mütze und warm ange­zo­gen am Steg parat. An die Affen­schaukel kam noch eine LED-Camp­in­gleuchte, und auch auf dem Optis­teg (na gut, er ist eigentlich eh beleuchtet) wurde eine Lampe postiert – „damit wir zurück in den Hafen find­en“. Wer einiger­maßen gut am Sicherungs­boot auf dem See anlegt, ver­di­ent sich ein paar Kekse, eine Tasse war­men Tees gibt es sowieso über die Bor­d­wand gere­icht. Was ganz neue Her­aus­forderun­gen in den Optis schafft: „Moment, ich muss erst den Tee aus dem Boot lenzen, hier schwimmt ger­ade alles …“

Herbst-Abenteuersegeln
Außen­bor­der auf­stop­pen, den­noch Kurs hal­ten, dann schnell wieder aus dem Weg Nikon D750, 120 mm, 1/125 s, F 4,5 und ISO 8000 Detlef Hoepfn­er

2.  Welche Kamera gewinnt auf dem Wasser?

Beim Scrollen durch meine Bib­lio­thek kann ich oft nicht mehr spon­tan sagen: Smart­phone oder Spiegel­re­flex? Aber bes­timmte Fotos lassen sich nur mit der einen oder anderen Kam­era (einiger­maßen gut) erzie­len. Und die absolute Bildqual­ität macht eben­falls einen Unter­schied: Bed­ingt durch meine etwas unortho­doxe Leses­trate­gie des Mag­a­zins „Yacht“ (und bed­ingt durch deren für mich viel zu hohe Schlagzahl) kann es vorkom­men, dass ich nacheinan­der eine Aus­gabe von 2014 oder älter und dann eine aktuelle 2018er durch­blät­tere und genieße. Der Unter­schied in der Bildqual­ität, bed­ingt durch den tech­nis­chen Kam­er­afortschritt, ist gewaltig!

Das Smart­phone ist jeden­falls immer dabei, bei mir meist in ein­er wasser­festen Hülle. Dadurch ermöglicht es ganz oft Bilder, die son­st nicht möglich wären. Denn am wichtig­sten ist Tipp Nr. 1 – mit ganzem Ein­satz regelmäßig dabei sein.

Jahre­lang war als Spiegel­re­flex eine robuste Nikon D300 mein Begleit­er, zusät­zlich gum­mi­armiert. Erset­zt wurde sie 2017 durch eine Nikon D750. Mit einem einzi­gen Objek­tiv (24–120mm), denn wer will auf dem Wass­er auch noch Objek­tive wech­seln? Die 24 mm sind mach­mal noch fast zu viel (nicht „weit“ genug), wenn Kinder und Boote auf Arm­länge bei mir anle­gen. Die 120mm helfen, wenn sie mit ein­er frischen Brise davonzis­chen. Diese Bren­nweit­en­wahl ist mit dem Smart­phone nicht möglich, auch nicht die Qual­ität bei den wech­sel­nden Lichtver­hält­nis­sen. Erst recht nicht, wenn die Sonne direkt auf die Schutzscheibe der Smart­phone-Hülle brennt.

Eine vernün­ftige Armierung für die D750 habe ich noch nicht gefun­den, stattdessen liegt ein knall­gelbes Peli-Case im Boot: Ganz ohne Innenausstat­tung: Case-Schloss auf, fotografieren, Kam­era wieder rein­wer­fen, Deck­el mit dem Fuß zutreten. Bish­er ist es gut gegan­gen, und den gel­ben Kas­ten hat man auch immer gut im Augen­winkel. Das Objek­tiv schützt zudem ein UV-Fil­ter gegen Beschädi­gun­gen, der Deck­el hinge­gen führt ein reiselustiges Eigen­leben und wird mir von ver­schiede­nen Orten immer wieder zurück­ge­bracht: „Der ist doch sich­er von dir …?“ Den Kam­er­agurt habe ich an die D750 erst gar nicht dran­mon­tiert, der ver­hed­dert sich eh nur über­all an Bord oder verklemmt beim Schließen unterm Case-Deckel.

Herbst-Abenteuersegeln
Das eigene Sicherungs­boot dreht, der Segler eben­falls – län­gere Belich­tungszeit­en funk­tion­ieren nicht Nikon D750, f 120 mm, 1/160 s, f 4,5 und ISO 12.800 Detlef Hoepfn­er

2. Mit der Kamera vertraut machen

Auch die D750 wan­dert hier oft durch Kinder­hände. Hat man sich als Besitzer an den leicht erhöht­en Adren­a­l­in­pegel gewöh­nt, entste­hen oft ganz unver­hoffte Motive: Einige der schön­sten Bilder stam­men nicht von mir, son­dern den Kindern aus ihrer eige­nen Per­spek­tive. Was aber eine Hürde ist: Sie sind vom Smart­phone gewohnt, dass die Kam­era alles alleine macht. Über­haupt durch den Such­er zu sehen (wodurch man auf dem Wass­er opti­male Kon­trolle hat, statt auf dem Screen nur den Him­mels zu spiegeln) ist für sie eine Her­aus­forderung. Zumal  eine Voll­for­mat-DSLR ein völ­lig anderes (anspruchsvolleres) Schär­fever­hal­ten hat: Leicht vor­bei ist hier dann voll daneben. Hier hil­ft nur: Fotografieren, fotografieren, fotografieren, bis man die Bedi­enung wie im Schlaf beherrscht. Und am wichtig­sten ist Tipp Nr. 1.

Kemnader See
Aus­rechend Licht voraus­ge­set­zt, klappt auch ein Smart­phone – iPhone 6s, 1/390 s, f 2,2 bei ISO 25 und ‑1 EV Detlef Hoepfn­er

3. Einstellungen: Segelfoto-Parameter

Am ein­fach­sten wäre ja ein Nikon-Segelfo­to-Gewin­ner-Pre­set. Rein­drehen, fer­tig. Aber ich benutze nicht ein­mal die Stan­dards, von den Spezial­pro­gram­men ganz abge­se­hen. Denn soll ich jet­zt ern­sthaft auswendig ler­nen, welch­es Pro­gramm in welch­er Sit­u­a­tion was macht? Für mich gehören die in solchen Kam­eras aus der Firmware gelöscht, den Spe­ich­er kann man sich­er anders bess­er nutzen. Wenn ich schnell ein cooles Insta­gram-Foto möchte, nehme ich eh das Smart­phone und bin in drei Klicks fertig.

Die D750 läuft bei mir nur noch im manuellen Modus, Aus­nahme ISO: Ich wäh­le Blende/Zeit, ISO passt sich dann an. Anpas­sung dann ggf. durch die Belich­tungsko­r­rek­tur. Dadurch bin ich sich­er, dass die Zeit­en zum Motiv passen, und die Blende den gewün­scht­en Bild­ef­fekt gibt. Ten­den­ziell geht es immer in Rich­tung kürz­er­er Zeit­en, ich bin da oft zu „langsam“ und unter­schätze noch immer, wie sehr man sich selb­st und das Motiv bewegt, Sta­bil­i­sa­tion im Objek­tiv hin oder her. Wenn es arg hek­tisch ist, macht auch eine mehr als 5,6 geschlossene Blende Sinn, um etwas mehr Head­room in der Schärfe zu haben. Das, neben­bei, macht für mich ein wenig die Vorteile eines Voll­for­mat­sen­sors zunichte, der bed­ingt durch die Geome­trie von Sensor/Objektiv zu ein­er deut­lich ver­ringerten Schär­fe­zone führt. Wenn man etwas Ruhe hat, öffnet dieses Schär­fever­hal­ten zwar tolle Möglichkeit­en der optis­chen Iso­la­tion von Motiv­en, aber pro­bier das mal bei Lage auf der Jolle, wom­öglich noch mit ein­er Hand an der Pinne … Kurze Zeit­en plus geschlossene Blenden führen dann lei­der oft zu höheren ISOs, als mir lieb ist.

November-Segeln
Lieber extremer ISO als gar kein Bild – Nikon D750, 1/60 s, 30 mm, f 4,0 bei ISO 20.000 und – 1/3 EV Detlef Hoepfn­er

4. Fokus auf dem Wasser

In min­destens den ersten 15 Jahren meines Fotografierens musste ich ohne Aut­o­fokus auskom­men, was jet­zt auch nicht immer so ganz ide­al war. In den let­zten 25 Jahren ver­suche ich nun, den Aut­o­fokus zu bändi­gen, mit eben­falls gemis­cht­en Ergeb­nis­sen. Con­tin­u­ous ist meist eine gute Wahl, aber die Her­aus­forderung lautet: Wie bekomme ich das Mess­feld schnell und per­fekt aufs Motiv. Da man ja beschäftigt ist, wäre ein automa­tis­ches Track­ing hil­fre­ich, aber eigentlich sind die Sit­u­a­tio­nen dafür immer zu chao­tisch. Am Besten fahre ich mit einem einzel­nen Mess­feld. Entwed­er per Dau­men immer schnell hin und her geschoben, oder ein­mal „gelockt” und dann hof­fend, dass es automa­tisch mit­ge­zo­gen wird. Größter Nachteil an der D750 (wie auch der D300 und ganz vie­len anderen Kam­eras): Die Mess­felder lassen sich ein­fach nicht weit genug aus der Bild­mitte seitlich ver­schieben. Das führt oft zu total unglück­lichen Bil­dauss­chnit­ten (im Extrem­fall Anfänger­fehler: Kopf genau in der Bild­mitte, Beine und Füße abgeschnit­ten). Gele­gentlich funk­tion­iert auch eine vol­lau­toma­tis­che Mess­fel­dauswahl (beson­ders, wenn die Kam­era in ungeübte Hände geht), aber zu oft springt der Fokus dann auf Objek­te, die man zwecks Bildgestal­tung im Frame haben, aber nicht scharf sehen will. Und wenn es nur ein Bänd­sel ist, das plöt­zlich in den Bil­dauss­chnitt flattert.

Man muss jet­zt nicht zum total­en Pix­el-Pedan­ten wer­den, aber: Ein per­fek­ter Fokus lässt ein Foto richtig rocken.

Fokus-Feld
Das ging wohl daneben mit dem Mess­feld mit AF‑C und 3D-Track­ing … aber mit 5,96 m passte der Fokus den­noch so unge­fähr Detlef Hoepfn­er

5. Motivgestaltung beim Segeln

Bin ich ein paar Tage mit einem kleineren Boot unter­wegs, dann geht mir irgend­wann – spätestens beim Durch­se­hen der Fotos – die eingeschränk­te Sicht nach vorne auf den Keks. Auch wenn wir uns jet­zt alle auf die Idee stürzen, sich für erweit­erte Bild­per­spek­tiv­en ein wenig per Drohne von Bord zu ent­fer­nen: Dauernd glotzt man nach vorne nur auf den Nieder­gang! Plus die typ­is­chen Fuß­bilder. Schaut man dage­gen in Rich­tung Hor­i­zont, beste­ht das Bild aus Wass­er, Wass­er – und weit hin­ten ist irgend­was. Da hil­ft ein wenig Gesel­ligkeit (siehe wieder Tipp 1!), mit mehreren Booten bekommt man etwas mehr Tiefe ins Bild, und vor allem der ein­fache, alte Vordergrund/Hintergrund-Trick: Ein markantes Boots­de­tail im Vorder­grund, daneben das eigentlich Motiv weit­er weg auf dem Wass­er – schon bekommt man eine viel plas­tis­chere Räum­lichkeit. Beson­ders gut mit ein­er Spiegel­re­flex, aber dran denken: Sicht­bar auf der Datei ist der Ein­druck, wenn man test­weise die Abblend­taste drückt, der Such­er zeigt ja immer den Ein­druck „Blende ganz offen“. Ste­ht die Blende auf 16 oder mehr, tendiert das Bild wieder in Rich­tung “Smart­phone-Look“.

Ærœ
Bei Schräglage und See­gang muss man Objek­te im Such­er über­haupt erst mal sortiert bekom­men, ohne dass einem die Win­sch bei der näch­sten Welle ins Objek­tiv (oder die Zähne) haut) – Nikon D750, 1/320 s, 120 mm, f 4,0 bei ISO 100 Detlef Hoepfn­er

Sortieren, bearbeiten, wegwerfen!

„Deine Bilder waren wieder die besten“ – dem kann ich oft nur ent­geg­nen: „Ehrlich gesagt habe ich ein­fach nur die vie­len schlecht­en Dateien alle wegge­wor­fen und euch lediglich die zehn schön­sten Motive gezeigt.“ Dazu muss man aber eine Sorti­er-Strate­gie ein­führen – und dann am besten lebenslang durch­hal­ten. Und sich ein­er Soft­ware bedi­enen, die ein Sicht­en und Sortieren unter­stützt. Wer einzeln Bilder spe­ichert, in Ord­ner legt, bear­beit­et, die Ver­sio­nen plus Vari­ante _neu sowie _neu_neu_neu wieder woan­ders ablegt, hat in kürzester Zeit Chaos.

Fast jedes Bild prof­i­tiert von ein wenig Post-Pro­cess­ing: Den Hor­i­zont ein wenig richt­en, den Bil­dauss­chnitt opti­mieren – in drei Hand­grif­f­en  macht fast jedes Bild einen Sprung nach vorne und kommt mehr auf den Punkt. Farbtem­per­atur und Hel­ligkeit sind beson­ders gut zu kor­rigieren, wenn man in einem Raw-For­mat fotografiert, das machen mit­tler­weile sog­ar viele Smart­phone-Apps. Ein JPG kann nicht vernün­ftig kor­rigiert wer­den, Punkt, isso! Ein per­fekt fotografiertes JPG ergibt zwar ein per­fek­tes Bild – aber das set­zt voraus, dass man alle Para­me­ter vorm Aus­lösen per­fekt geset­zt hat. Ich kann das nicht. Alter­na­tiv­los ist real­is­tisch betra­chtet auch eine non­de­struk­tive Bear­beitung, wie bei Light­room oder iPho­to & Co: Die Kam­er­a­datei wird importiert und abge­spe­ichert, aber nicht verän­dert, son­dern nur mit den Bear­beitungspa­ra­me­tern über­lagert. Im Auss­chnitt ver­tan? Kein Prob­lem, ist jed­erzeit rück­gängig zu machen. Wenn man dage­gen jedes Bild einzeln in Pho­to­shop öffnet, ändert spe­ichert, das näch­ste Bild …

Entwed­er ist man dann Fine-Arts-Kün­stler und verkauft die Motive ab 1000 Euro aufwärts, oder man hat mehr Spaß an Pho­to­shop als am Fotografieren und den Bildern.

Aber eigentlich wollen wir ja – segeln!

Bilddatenbank
Mate­r­i­al von der wöchentlichen Segel­runde – da ist zügiges Sortieren ange­sagt Detlef Hoepfn­er

Beschallungs-Spurt mit Michael Häck durch die Lanxess-Arena

Michael HaeckDetlef Hoepfner
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Zügig läuft Michael Häck den Rang hin­auf. Als wir in dessen ober­er Sitzrei­he ange­langt sind, bin ich doch ganz beruhigt, dass auch er ein wenig außer Atem ist. Michael ist hier, in der Lanxess-Are­na (für mich eigentlich weit­er: Köln-Are­na), als Ver­ant­wortlich­er für die Audiotech­nik, prak­tisch zuhause. Offen­bar zu jedem einzel­nen Sitz­platz kann er eine Geschichte erzählen: Wie es hier früher klang, welche Maß­nah­men in den let­zten Jahren drumherum ergrif­f­en wur­den, welche Verbesserun­gen sich dadurch haben erre­ichen lassen. Dabei bleibt er nicht abstrakt-tech­nisch: Offen­bar ist für ihn die ganze Are­na ange­füllt mit Sound­par­tikeln, deren Wege er ständig vor Augen hat, wie sich in allen denkbaren Strahlen durch die Halle fliegen – und die er so zu lenken gedenkt, dass sie dem Besuch­er ein per­fek­tes Erleb­nis bescheren. Denn dafür hat dieser ein mehr oder weniger teures Tick­et erworben.

Wenn Ihr Michael – und Euch – also einen beson­deren Gefall­en tun möchtet: Spurtet eben­falls mit ihm die Ränge hoch, checkt mit ihm zusam­men Euren Sound, lasst Euch auf eine opti­mierte Syn­ergie von Tour- und Hal­len­tech­nik ein. Michaels Ziel: »Es sind natür­lich die ganzen Nor­men zu erfüllen, aber danach ste­ht an erster Stelle: Es muss klingen.«

Welche Vorar­beit­en dazu Michael, TW-Audio, Biamp und Hal­len­man­age­ment geleis­tet haben (und welch­es Tele­fon klin­gelt, wenn sich die Zuschauer beschw­eren …), lest ihr in meinem Gespräch mit Michael Häck hier bei Pro­duc­tion Partner.

Update vom 16. Mai 2018: Video mit Michael Häck

… und wir haben noch ein Video gedreht, das Ihr hier findet!


 

Ebner-Bootcamp

Detlef Hoepfner
Lesedauer < 1 Minute

Auf ins Ebn­er-Boot-Camp 2018 – und dafür soll ich vorher ein Video drehen. Dabei habe ich doch vor dem Jahreswech­sel gelesen

  • Videos sind out
  • Influen­zi­er sind out
  • Face­book ist out …

… und außer­dem haben die ange­sagten YouTube-Wer­be­clips derzeit 6 Sekunden.

Das ist wenig Zeit für eine Sto­ry. Und daher viel Arbeit.

Daher schnell diese Web­site gebaut – und wenn ich Lust habe, blogge ich vom Camp.

 

Behringers Evergreen: X32

Behringer X32Detlef Hoepfner
Lesedauer < 1 Minute

Dig­i­tale Mis­ch­pulte – erst miß­trauisch beäugt, anfangs von eini­gen Kinderkrankheit­en geplagt, dadurch von der analo­gen Audiow­elt fahrläs­sig unter­schätzt, heute absoluter Stan­dard. Nicht nur in hoch­preisi­gen Stu­dios und A‑Produktionen, son­dern bis zu kle­in­sten Bud­get-Tournee. Nach Jahren der Ori­en­tierung und Kon­so­li­dierung ist der Markt gegen­wär­tig aufgeteilt: Play­er wie Yama­ha, Har­man, Stage Tec, Avid ein­er­seits, Audiotonix mit den Marken Digi­co, Allen&Heath, SSL.

Und dann Behringer/Midas ander­er­seits: Ver­mut­lich mit den weltweit höch­sten Stück­zahlen, ein­er sehr hohen Mark­t­durch­dringung, und ein­er über das Behringer X32 einge­führten Plat­tform, die in unzäh­li­gen Vari­anten aus­ge­spielt wurde.

Das X32 habe ich ab der ersten Studie beobacht­en kön­nen, die Sto­ry dazu (und einen Test des Behringer X32) gibt es hier bei Pro­duc­tion Part­ner.

Folkeboot-Tipps für Einsteiger

Folkeboot-BugDetlef Hoepfner
Lesedauer 12 Minuten

Durch seine lange Geschichte — das Folke­boot feierte 2017 sein 75jähriges — bildete sich eine Menge an Know-how und Fange­mein­den rund um dieses klas­sis­che Segel­boot. Was aber, wenn man als Spaßsegler von anderen Boot­stypen für eine (Charter-)Tour auf das Folke umsteigt? Hier habe ich die wichtig­sten Tipps zusam­menge­tra­gen, die in ein­er leicht angepassten Ver­sion auch von www.klassisch-am-wind.de über­nom­men wurden.

Nach den ersten zwei wun­der­bare Folke­boot-Touren zählten wir sich­er nicht zu den aus­ge­bufften Spezial­is­ten dieser Boote aus Holz oder GFK mit Tra­di­tion in Kerte­minde. Zumal wir erst danach ent­deck­ten, dass hier in NRW, fast bei uns nebe­nan, eine der größten Folke­boot-Flot­ten heimisch ist. Aber mit zusam­men rund 30 Jahren Erfahrung am „Segeln nur zum Spaß“ bei uns zwei Folke­boot-Ein­steigern ergab das 2017 eine beson­dere Kom­bi­na­tion: Wie fühlt man sich als „erfahren­er Segel-Folkean­fänger“ auf einem gechar­terten Folke­boot, mit dem man sich ein wenig auf der Ost­see herumtreiben will?

Bevor wir uns also zu sehr daran gewöh­n­ten und Folke­boot-Rou­tine entwick­eln, hier rück­blick­end und zwis­chen­durch aktu­al­isiert unsere sub­jek­tiv­en Tipps „Folke­boot für Anfänger“! Gesam­melt auf Folke­booten, gechar­tert bei www.klassisch-am-wind.de

Detlef Hoepfn­er Alsensund-Kreuzen

Folkeboot-Routenplanung

Mit einem Segel­boot ein­fach von A nach B bzw. ein­er bes­timmten Insel fahren zu kön­nen – na das wäre ja zu ein­fach. Beson­ders trifft dies für kleine Boote wie das Folke­boot zu. Es ist zwar wirk­lich seetüchtig. Unsere allerersten Run­den haben wir als Train­ing direkt bei viel Wind und Welle gedreht. Was gut war: Platschnass wussten wir jet­zt, was geht. Aber wie bei einem größeren Schiff die Mas­chine anschmeißen und gegen das Wet­ter anbolzen, das funk­tion­iert ein­fach nicht. Man muss sich arrang­ieren, das Wet­ter check­en, die Karte studieren. Direkt einen Plan B bere­itle­gen, Alter­na­tiv­en durch­denken, viel Reserve ein­rech­nen. 2017 als auch im Vor­jahr dro­hte uns über die Tage Wet­ter­ver­schlechterung, die es einzukalkulieren galt. Man fährt da nicht ein­fach nach Hause. Und die Bedin­gun­gen scheinen ja ten­den­ziell eher insta­bil­er zu werden. 

Die erre­ich­baren Streck­en sind deut­lich kürz­er, als man das von anderen Ost­see-Touren geplant ist. Bei­des Mal haben wir unsere Streck­en daher verkürzt – und sind damit zufrieden gefahren. Dem Stress wollen wir uns nicht aus­set­zen, wom­öglich auf Biegen und Brechen bei Bedin­gun­gen, die (uns) echt keinen Spaß mehr machen, zurück­fahren zu müssen, weil die Segel-Char­ter-Zeit endet und der Job ruft. 2021 und 2022 erforderten die Umstände “aus Grün­den” sog­ar, dass wir uns nur mit kurzen Törns in der Schlei umse­hen. Für andere Segler ist das ja nur eine Tran­si­tau­to­bahn zur Ost­see. Hat­ten wir daher weniger Genuß als auf der Ost­see? Nein.

Dass man mit dem Folke­boot also „dichter dran“ ist an Natur und Wet­ter, bedeutet auch, sich mehr auf die Ele­mente einzu­lassen und davon führen zu lassen. Dazu muss man nicht eso­ter­isch ver­an­lagt sein – alles andere tut ein­fach nur mehr weh, wenn’s schief geht. Und schief gehen kann schon eine Menge auf dem Wasser.

Folkeboot: Behäbig. Berauschend. Schnell.

Nicht nur in Köln ist „Jed­er Jeck anders“, auch jedes Boot hat seinen Charak­ter. Wenn man ger­ade von ein­er Jolle kommt, staunt man schon im Hafen über die Sta­bil­ität des Folke­bootes: Man läuft vom Bug seitlich zum Want – und man klatscht nicht gle­ich ins Wass­er! Der lange und schwere Kiel braucht schon einige Anre­gung, bis sich das Boot zur Seite neigt. Da ist die Gefahr größer, dass der Fuß über ein Land­stromk­a­bel auf dem Sei­t­en­deck wegrollt oder die Fußspitze unter einem Fest­mach­er hängt und man so den Abgang ins Hafen­beck­en macht. Aber das heißt nicht, dass man mit dem Folke­boot nur hin­ter­her fährt! Unsere allerersten eige­nen Folke­boot-Minuten führten uns damals durchs enge Schlei-Fahrwass­er in Rich­tung Lot­s­enin­sel auf die Ost­see, umgeben von vie­len gle­ich­gesin­nten Segeln (nicht zu vergessen dem grot­ten­hässlichen Touris­ten­dampfer im Gegen­verkehr). Wom­it mir nicht gerech­net hat­ten: Dass wir direkt zu eini­gen Über­hol­manövern – wo ist hier die Bremse? – mit Schweißperlen auf der Stirn „gezwun­gen“ wur­den. So langsam, wie einige andere Boote hin­aus­trödel­ten, ließ sich das Folke gar nicht segeln.

Flaches Wasser
Detlef Hoepfn­er Puh, ganz schön flach hier – aber man hat es ja direkt vor Augen 😉

So viel Sicher­heit, wie das Folke­boot einem Umsteiger aus Jol­len­per­spek­tive bietet, mit so viel Jollen-ähn­lichem Segelspaß über­rascht es den Dickschiff­segler: Man sitzt sich­er und geschützt, aber ganz, ganz dicht am Wass­er und kann sich daran ger­adezu berauschen.

Folkeboot-Manöver und Außenbordmotor

Mit der gewis­sen Langkiel­er-Behäbigkeit sollte man sich dann auch im Hafen­manöver arrang­ieren. Das Boot mal eben mit back gehal­tener Fock oder einem Tritt gegen einen Pfahl drehen – ver­giss es. Zwei Ton­nen plus vor allem der Laaaaangkiel stellen sich da stur. Ander­er­seits: Bei kräftigem Seit­en­wind wird die Box­en­gasse nicht ganz so schnell zu schmal, weil der Kiel jet­zt schön sta­bil­isiert (und der niedrige Auf­bau sich duckt). Aber hier spielt ein Außen­bor­der seine (immer­hin) Stärke aus: Gedreht bis max­i­mal kom­plett quer gestellt lässt er sich als „Heck-Quer­strahlrud­er“ nutzen. Das Geheim­nis lautet hier: Motor kom­plett 90° drehen. Nur einkup­peln (vor­wärts), ganz wenig (Stand-)Gas, und: Geduld, Geduld, Geduld. Dann bekommt man das Boot zen­time­ter­ge­nau gedreht. Wenn möglich, bucht doch eine kleine Train­ingsrunde bei einem Skip­per­train­ing (macht ja eh immer Sinn).

Außen­bor­der-typ­isch auch das Ver­hal­ten bei Rück­wärts­fahrt: Ein kurz­er Rück­wärt­slauf hat kaum Wirkung. Wer vom Dickschiff gewohnt ist, mit einem kurzen Schub rück­wärts aufzustop­pen, bekäme danach einen Ein­druck von der Schlagkraft der Bugspitze in das geg­ner­ische Mate­r­i­al. Da stoppt gar nichts. Viel Gas hil­ft auch jet­zt wieder nix. Es kommt einem nur die Schraube jaulend aus dem Wass­er nach oben ent­ge­gen, um sich mal in der frischen Hafen­luft umzuse­hen). Und bei Rück­wärts­fahrt gilt eben­so: Wenn das Boot ein­mal in Bewe­gung gekom­men ist, lässt es sich so schnell nicht wieder davon abbrin­gen. Also auch hier: Manöver bess­er in Zeitlupe, das Hafenk­i­no darf in Slow­mo­tion präsen­tiert wer­den. Seit­en­stöße bess­er mit gedrehtem Motor und Vor­wärtss­chub statt rück­wärts eingekup­pelt. Ziele wenn möglich gegen den Wind ans­teuern – kor­rigieren­der Vor­wärtss­chub, wenn man ver­hungert, geht. Abbrem­sen kaum. Die zwei Ton­nen bremst Ihr auch nicht mit den Händen.

Detlef Hoepfn­er Der Außen­bor­der – mal mit link­er, mal rechter Hand bedi­ent – ist in Kom­bi mit Pin­nen, Leinen und Bezin­schlauch bei Manövern gewöhnungsbedürftig

Außenbordmotor: verflixt und zugenäht

Über­haupt: der Motor! Sieht ja schon mal total sch… aus da hin­ten am klas­sisch-ele­gan­ten Heck! Nicht nur, dass man beim Manövri­eren Gashebel plus Rud­er­pinne par­al­lel bedi­enen muss – man hat die dann gerne über Kreuz. Dazu die Fest­mach­er, und den Ben­zin­schlauch sollte man auch nicht mit dem Knie abklem­men oder gar beim Lenken abreißen. Man kommt auch kaum an die Schal­tung dran und hockt auf Heck und Aufholschlit­ten des Motors wie der Affe auf dem Schleif­stein. Geschätzt 50% unser­er blauen Fleck­en stam­men von diesem „gemütlichen“ Platz mit wun­der­bar­er Aussicht. 

Dass man sich dort auf dem Heck bei Welle kaum hal­ten kann, ist dage­gen nicht so schlimm: Bei Welle hil­ft der Außen­bor­der eh nix, so lang kann sein Schaft gar nicht sein, dass die Schraube im Wass­er bleibt.

Diese Frage – Außen­bor­der nutzen oder nicht? – ist für uns daher eine der manch­mal schwierig­sten Entschei­dun­gen. „Sicher­heit­shal­ber grund­sät­zlich mit Motor“ funk­tion­iert nicht! Beispiele: 

  • Bei Wind­stärken über 5 voll auf die zwölf hätte die Strecke von Schleimünde nach Maasholm unter Segeln (den­noch sicher­heit­shal­ber bere­its angeschla­gen) kreuzend kaum funk­tion­iert. Also mit Motor gegenan.
  • Ander­er­seits sind wir beim Ver­such, unter Motor von der Ost­see bei Wind gegen Welle in Schleimünde in die Schlei hineinzukom­men, mit dem Motor gescheit­ert. Zurück auf die Ost­see, wieder unser­er Segel beson­nen und dann erfol­gre­ich­er Anlauf unter Segeln. Die Schleimünde-Touris­ten bestaunen der­weil Euren Unter­wasser­anstrich in dem Wellen-/Strö­mungschaos. Augen zu und durch.
  • Aus Nor­den kom­mend sind wir mit über 7 Knoten raum­schots durch die Ein­fahrt in den Hafen Marstal gebret­tert (ver­stößt bes­timmt gegen die Hafenord­nung). Aber wie will man da vorher die Segel weg bekom­men, den Motor drückt man bei dem Speed ja nicht ins Wass­er, und samt Hal­terung abreißen will man ihn ja auch nicht sehen.

Ide­al­er­weise plant man also so, dass die Strecke the­o­retisch ohne Motor funk­tion­iert. Vorauss­chauend planen.

Starke Strömung
Detlef Hoepfn­er Mit Wind und Welle – gegen den Strom nach rechts käme man hier nicht anmotort

Folkeboot-Ausrüstung und Unterschiede zum „Dickschiff“

Wenn der Ver­char­ter­er bei der Ein­weisung schon wieder einen Satz mit „Typ­is­cher­weise ist auf einem Folke­boot hier …“begin­nt, weiß man: Jet­zt kommt schon wieder eine Erk­lärung, warum irgen­det­was … komisch ist. Gegenüber manchen Booten mit Camp­ing- oder Nahkampf-Tota­lausstat­tung erscheint so ein Stan­dard-Folke­boot spar­tanisch. Es leuchtet einem keine Instru­menten­wand ent­ge­gen, ohne Logge, Tiefen­mess­er, Plot­ter, Win­danzeige … Aber woher der Wind kommt, das hört  und sieht man doch auch so, oder? Und die Wasser­tiefe vor dem Boot kann man eh nicht messen. Ein paar Basis­dat­en lieferte uns ein Garmin-GPS, das wir aber noch immer nicht richtig kapiert und selb­st ergänzt haben: Ein Speed­Puck aus Ebay am Mast sig­nal­isierte deut­lich unsere Geschwindigkeit, da guckt man auch ohne Regat­ta-Ambi­tio­nen dauernd drauf. Er trackt super detail­liert und saugt nicht das Smart­phone leer. Aber manch­mal haben wir ihn mit – und hän­gen ihn gar nicht raus. Die ver­mehrte Smart­phone-Nutzung zeigt sich auch hier (auch wenn das nicht halb so fix den Wen­den folgt).

Seekarte auf Smartphone
Detlef Hoepfn­er Beque­mer Blick kurz auf die Karte in der Mørkedyb-Rinne, sind danach zu NV Charts gewechselt

Ganz nüt­zlich wäre ein Tiefen­mess­er dann ver­mut­lich manch­mal schon. Im Muse­umshafen Kap­peln zu weit aus­ge­holt steckt man schnell im Schlick. So fest­ge­saugt kommt man dem Hören­sagen nach auch nur wieder raus, wenn man eine Leine zu ein­er Win­sch auf einem der Tra­di­tion­ssegler rüberlegt.

Strom braucht man anson­sten für Smart­phone und/oder Tablet, da haben wir einige Power­banks plus USB-Lad­er dabei. Nach fünf Stun­den Segelei hat so ein Tablet doch gut was wegge­zo­gen. 2022 hat­ten wir erst­mals einen fes­ten USB-Port dafür (12-Volt-Buchse via Bor­d­bat­terie, dort einen Adapter auf USB rein.) Das entspan­nt echt unter­wegs. Der Anschluss war nur Nähe Großschot unter die Boden­bret­ter gelegt, sprich man trat immer aufs Kabel oder ver­hed­derte Leinen darin. Da gibt es bessere Orte im Cock­pit. Der Hitzeschutz gegen Elek­tron­ik-Abschal­tung ist im Som­mer auch ein Thema.

Detlef Hoepfn­er Die “Mumi” hat 12 Volt an der Großschot, aber das Tablet bzw. Kabel stört da zu sehr. Es liegt bess­er (und küh­ler und dun­kler) in der seitlichen Cockpit-Ablage

Papierkarten haben wir immer am Start, 2017 zwis­chen­durch einen weit­eren Satz der Karten­werft, deren Schnitte sich pri­ma auch aus Ent­fer­nung im Cock­pit lesen ließen. Anson­sten NV Verlag.

Zusät­zliche Navi-Apps bieten ein deut­lich­es Infor­ma­tion­splus: Wir planten anfangs sel­ten konkrete Weg­punk­te in die Soft­ware. Aber in einem engen Fahrwass­er mal eben das Smart­phone aus der Jacke zu ziehen und sich zu vergewis­sern, wo man ger­ade ist und wo die näch­ste Tiefen­lin­ie ver­läuft – das hat uns überzeugt. Nach eini­gen App-Wirren hat uns (Stand 2022) NV Charts am meis­ten überzeugt: Gute Karten, pausen­los App-Verbesserun­gen, Cloud-Nutzung über mehrere Geräte. Einige der Fea­tures haben wir beim Mark­t­start der App mit vorgeschla­gen oder kri­tisch begleit­et – das Team in Eck­ern­förde ist super am Nutzer.

Die Posi­tion­slichter liegen in ein­er Kiste unter Deck und müssten aufgesteckt wer­den, Nacht­fahrten sind für Char­ter­er aber eh oft absprachebedürftig. Da wir zu Zeit­en der hell­sten Nächte unter­wegs sind: wir haben sie noch nie ausprobiert.

Ablegen unter Segeln
Detlef Hoepfn­er Motoren machen nur Lärm, wir leg­en hier unter Segeln ab

Folkeboot-Segel

Das Großsegel ist nicht reff­bar. Das Boot verträgt aber sehr viel Wind – sagt man, wir machen da meist lieber Pause. Wir hat­ten aber auch schon stür­mis­che Phasen, da hätte ein Reff bess­er funk­tion­iert, als die Groß zwangsweise zu weit öff­nen zu müssen. Also wir jeden­falls haben da den Dreh nicht raus und wir ärg­ern uns, dass man in solchen Sit­u­a­tio­nen nicht schlauer­weise ein­fach die Segelfläche verklein­ert kann. 

„Typ­is­cher­weise hat man auf einem Folke­boot“ auch keine roll­bare Fock, die ja – ger­ade, wenn man wenig Motor nutzt – eine Menge Vorteile bietet, um die Segelfläche in Manövern schnell mal klein­er oder ganz weg zu bekom­men. Richtig tra­di­tionell ist ein Vorsegel mit Druck­knöpfen an den Sta­gre­it­ern, und irgend­wie ist das auch ein schönes Gefühl, das Segel so gemäch­lich anzuschlagen. 

Bugspitze
Detlef Hoepfn­er Je nach Vari­ante ist hier nicht viel Platz zum stolper­freien Tritt – helft Gästen an Bord

Was „fehlt“ noch – ach ja: der übliche Garten­za­un ums Boot herum. Stört aber bei so einem Boot sowieso eher als dass eine Rel­ing nützt. Nur der Schritt vom Steg auf den Bug ohne rechte Möglichkeit, sich festzuhal­ten, bedarf je nach aktueller Gelenkigkeit einiger Gewöh­nung. Zumal die Bugspitzen meist ganz schön voll­ge­baut sind mit Klampe(n), Steck­dose usw. und in manchen Häfen eine enorme Höhendis­tanz zum Steg entste­hen kann.

Toilette auf dem Folkeboot

Von Bord muss man natür­lich auch für andere Geschäfte, z. B. zum Duschen. Haben die San­itäran­la­gen jeden­falls noch nicht weit­er an Bord gesucht. Wir kön­nen uns auch nicht richtig merken, welche Münzen man jet­zt für die Duschau­to­mat­en benötigt: Waren es hier 50 Cent, dort 10 dänis­che Kro­nen, dann wieder Kred­itkarte für die Hafenge­bühr incl. Code … Und hat man müh­sam Münzen gesam­melt, ste­ht man im näch­sten Hafen vor einem Wech­se­lau­tomat, der einem das alles gerne abnimmt.

Ein WC haben wir bish­er nie ver­misst, und man muss sich dann ja auch nicht drum küm­mern. Ein­mal wurde es tat­säch­lich spruchreif, weil Häfen pan­demiebe­d­ingt nur für Boote mit eige­nen San­itäran­la­gen öff­nen durften. Da hätte man sich mit ein­er portablen Lösung helfen müssen, wir haben da aber null Erfahrung.

Verpflegung auf dem Folkeboot

Viel Strom gibt es an Bord nicht, selb­st eine Kühlbox haben wir uns ges­part und ein paar Sachen stattdessen in die Bilge gelegt. Die ist nur so „kalt“ wie die Ost­see, aber man kann sich lebens­mit­tel­seit­ig drauf ein­stellen. Käse bekommt man schon ein paar Tage durch, Wurst­waren wür­den wir uns nicht trauen. 

Armin Pech Unser Kühlfach in der Bilge

Wir pfle­gen eine aus­ge­fuch­ste Rezeptliste, die von unseren Frauen etwas abschätzig als „das ist max­i­mal ein Einkauf­szettel“ abgekanzelt wird.

Was im Beruf­sall­t­ag aber son­st oft schw­er umzuset­zen ist, klappt hier pri­ma: wir ver­drück­en Berge von frischem Obst und Gemüse. Und richtig „viel zu viel“ hat­ten wir bish­er nicht dabei, es kann ja immer passieren, dass die lokale Pølser­bude (zumal außer­halb der total­en Hoch­sai­son) nach dem Anle­gen schon geschlossen hat. Gut, wenn man dann eine Gaskar­tusche in den Kocher schieben und die Kartof­feln in die Pfanne wer­fen kann.

Folkeboot aus Holz: Atmosphäre, aber trocken halten

Das ist so eine tolle Stim­mung an Bord, man kann es kaum beschreiben. Viel trägt dazu der Holzbau bei, er riecht und fühlt sich ein­fach wun­der­bar an. Nachteil: es wird auch ein­mal feuchter wer­den. Lange Streck­en auf einem Bug kön­nen schon dazu führen, dass ein Teil der Bor­d­wand – son­st eher hoch und trock­en gele­gen – etwas mehr Wass­er zieht. Wir hat­ten dann auch schon Wass­er in der Pfanne ste­hen. Zumal da der Schwim­mer der elek­trischen Bil­gen­pumpe (Dauer­prob­lem) etwas zu lange unbe­merkt hak­te. Schlaf­sack und Klam­ot­ten stopfen wir unter­wegs daher immer in dichte Pack­säcke. Das hil­ft auch der Ord­nung, weil nach ein paar Wen­den alles herum­fliegt, was nicht in Schränken oder Taschen weggepackt ist. 

Auf eine klamme Koje (auf die wir noch eine selb­stauf­blasende Iso­mat­te wer­fen) haben wir also keine Lust. Inter­es­san­ter­weise bildete sich innen aber nie Schwitzwass­er an den Wän­den, wie es bei den „Plas­tik­booten“ üblich ist. Wir haben aber nachts auch immer dieses pot­thässliche, aber über­aus nüt­zliche Kuchen­bu­den-Zelt aufge­baut, das viel Feuchtigkeit von Cock­pit und Auf­bau fern hält. Und abends grund­sät­zlich den kleinen Elek­trolüfter auf kle­in­ster Stufe das Boot ein­mal durch­pusten lassen.

Das Rau­mange­bot ist natür­lich … eingeschränkt. Ohne alles peni­bel zu sortieren und zu pack­en dreht man durch und sucht sich tot. Und auch nach ein­er Woche stoßen wir uns noch immer den Kopf blutig. Aber mal ehrlich: In der Hun­deko­je eines üblichen Fahrten­schiffes schläft man unbe­que­mer, als zu Zweit im Folke­boot. Unter dem Bug gibt es zwar auch noch eine Liege­fläche, aber da lagert bei uns das Gepäck (und der nervige Tisch, mit dem wir nicht recht etwas anz­u­fan­gen wissen).

9 Tipps für Folkeboot-Charter

– Probe-/Train­ingsrun­den segeln
– Hafen­manöver in Super-Slow­mo­tion anle­gen
– aus­re­ichend Verpflegung/Zeitpuffer pla­nen
– Streck­en ohne Motor pla­nen
– Abstand von Flachs hal­ten – das ist keine Jolle
– Kuchenbude/Persenning nutzen
– lüften und Boot innen trock­en hal­ten
– schon vor der Tour sich selb­st fit hal­ten
– das Jahr über Wasser­sport-Rou­tine sam­meln – wie bei www.segeln.ruhr

Landgang

An uns sind also wirk­lich keine „Fer­n­fahrer“ ver­loren gegan­gen: Immer haben wir uns umfan­gre­iche Streck­en aus­gedacht – aber über­haupt nicht umset­zen kön­nen. Wir haben den­noch wun­der­bare Orte ent­deckt! Vielle­icht liegt es auch daran, dass wir in NRW eh von März bis Novem­ber auf dem Wass­er sein kön­nen. Aber wir genießen auch Hafe­nat­mo­sphäre (lux­u­riöser­weise müssen wir nicht in Schulfe­rien reisen) und Landgänge. Wer Däne­mark (wie ich früher) lang­weilig find­et, sollte die kleinen Inseln erkun­den – hier gibt es so viel zu ent­deck­en außer­halb des Radius’ von Land­stro­man­schluss und San­itärge­bäude. Und anders kommt ihr da nicht hin!

Ufer Bagenkop
Detlef Hoepfn­er Die “Huthügel” Bagenkop sehen aus Bootsper­spek­tive super aus — man kann aber auch schön drüberlaufen

2017 zählte zu unseren Segel-High­lights, am späten Nach­mit­tag noch über Strynø zu wan­dern. Aus dem Gebüsch lugte plöt­zlich ein son­der­bares „Boots-Klavier“ – da muss man doch direkt mal guck­en. Die totale Über­raschung: Es ist das berühmte Smakke-Cen­ter, über das wir schon öfters inter­essiert gele­sen hat­ten. Und wie es der Zufall wollte, erbarmte sich ein Mitar­beit­er unser­er und bot uns eine pri­vate Son­der­führung durch das Gelände und die Werk­statt, in der die berühmtenSmakke­jollen gebaut wer­den, bevor er dann endlich in den eige­nen ver­di­en­ten Feier­abend davonfuhr.

Folkeboot-Charter: Locals fragen

Den Mund aufzu­machen und zu fra­gen lohnt sich immer. Ste­g­nach­barn, die einem ihr gesam­meltes Segler­wis­sen von ihrer schwim­menden Garten­laube herunter unge­fragt referieren, kön­nen zwar ner­ven. Über die gewisse Arro­ganz einiger Segler, die jedem Segel-Char­ter­er erst mal dessen Unbe­deut­samkeit zu ver­ste­hen geben müssen, sollte man auch hin­wegse­hen. Aber sich gegen­seit­ig wahrzunehmen, mit anz­u­fassen und auch bei Mis­t­wet­ter nochmal rauszuge­hen, um eine Leine anzunehmen, hil­ft unge­mein, dass auch einem selb­st Gutes widerfährt. 

OK, bei unseren Befra­gun­gen eines örtlichen Fis­ch­ers hat das nicht ganz geklappt: Ger­ade in der Box fest­gemacht stell­ten wir fest, dass die Wasser­tiefe hier genau unserem Tief­gang entsprach. Und wir woll­ten ja noch was schwere essen. “Nein, bei der Win­drich­tung wird der Pegel nicht weit­er sinken.” Die Wasser­lin­ie am Stegp­fahl belehrte uns am näch­sten Mor­gen eines Besseren: es ver­schwan­den über Nacht nochmal 10 cm, sodass wir nur noch so ger­ade eben in ein­er freigepen­del­ten Kiellinie im Schlamm frei blieben. Aber in den meis­ten Fällen ist es eben zumin­d­est beruhi­gend, wenn man nach Check divers­er Wet­ter­berichte und Abwä­gen einiger Routen fest­stellt: der Ste­g­nach­bar kam zu ähn­lichem Ergebnis. 

Im Zweifels­fall hil­ft auch eine Nachricht an den Ver­char­ter­er: Wir disku­tieren Plan A oder B, was denkst Du? Wie viele Beson­der­heit­en ein Revi­er bieten kann, ken­nt man ja aus der eige­nen Region, warum dann nicht die Erfahrung der Locals nutzen. Spätestens, wenn der Ste­g­nach­bar beim eige­nen ver­bock­ten Manöver wie aus dem Nichts am Steg ste­ht und einen abhält, weiß man das zu schätzen.

Der heutige Spüldienst
Detlef Hoepfn­er Der heutige Spüldienst

Folkeboot-Freundschaft

Das Wichtig­ste zum Schluss – Armins spon­tane Antwort auf die Frage „Was braucht man denn für so eine Tour?“: „Einen guten Fre­und!“ Man kön­nte hinzufü­gen: Und der sog­ar dann noch mit einem weit­er­fährt, obwohl man ihn ger­ade (erfol­g­los) ver­suchte, vom Vorschiff zu wer­fen, indem man bei mächtig Wind und Welle irgend­wie so blöd war, eine „Patent-Wende“ hinzule­gen, worauf das Boot den Großschot­block auf ein­mal so verd… weit weg unter einem wegkippt. Erfahrung hin, Beherrschung her: Wirk­lich Spaß macht sowas nur, wenn man einge­spielt und kom­pat­i­bel zueinan­der ist. Wenn ein­er nur Strecke machen, der andere aber Urlaub erleben möchte, der eine die Stille, der andere die Her­aus­forderung sucht – dann führt das vielle­icht nicht zwin­gend zu offen aus­ge­tra­gen­em, aber min­destens emp­fun­den­em Stress. Klar ist aber auch: bei zwei Per­so­n­en an Bord fährt nie­mand nur so mit: Bei­de sind aktiv einge­bun­den und gle­ich beteiligt, müssen sich aber auch aufeinan­der ver­lassen können.

Nach ein­er Wan­derung zufrieden zurück auf dem Boot, in der einen Hand ein Glas, mit der anderen Hand auf dem her­rlich schme­ichel­nden Holz, kann es dann eigentlich kaum einen schöneren Platz geben.

OK, gespült wer­den muss auch wieder.