Kurzer Blick zurück auf 2020: Nase gestrichen voll von der Hinhaltetaktik der Autoindustrie, was alternative Antriebe angeht. 45.000 km jedes Jahr Abgase in die Luft blasen und Ressourcen unwiederbringlich verbrennen? Seltene Erden im Motorstahl, Kobalt dem Sprit beigemischt, Abgas-“Reinigung”, die viele Monate gleich ganz abgeschaltet wird. Mit einem Motor, der physikalisch gesehen eigentlich nur Dreck und Hitze erzeugt, und nur ganz nebenbei eine Klitzekleinigkeit Bewegung. Effizient quasi Null, sowas kann man sich doch in keinem anderen Lebensbereich sonst leisten. „Herr Hoepfner, die sind einfach noch nicht so weit“, wurde ich ernsthaft beruhigt. Da war doch was faul. Ich hatte 2020 aber null Ahnung, was nun hybrid, EBV oder Plugin bedeuten – und so richtig wollte das auch niemand vermitteln, hatte man das Gefühl.
Also erst mal Diesel abgewählt. Punkt. Der nur auf dem Papier Vorteile hat, wenn man zuvor Betrugssoftware installiert. Der auch nicht wirklich weniger Energie verbraucht als Benzin, sie steckt nur etwas höher konzentriert in der braunen Flüssigkeit. Und der im Winter noch alles abschaltet, was an Mindestreinigung eingebaut ist. Hust hust! Dass man das als Radfahrer im Verkehr hinter den blauen Dreckwolken überhaupt überlebt, an den Wuppertaler Steigungen …
Kompromisse, Kompromisse … sind die nötig?
Aber die Zeit drängte, Sachzwänge hier und da und es wurde 2020 ein Hybrid-Corolla. Ja der, der von Toyota damals mit dem in Norwegen als Lüge verbotenen Begriff des „Selbstaufladens“ beworben wurde. Was natürlich Quatsch ist. Er ist ein gutes Auto. Ich hatte null Ärger damit. Verbrauchte relativ wenig. Aber der Hybrid ist eine Krücke, die unnötig den ganzen Verbrennerkram mit herumschleppt. Historisch wohl deswegen, weil man anfangs eine „aus Gründen“ bewusst klein gehaltene Batterietechnik lizenzierte, die sich ein Öl-Multi aus dem unrühmlichen Drama um den bewusst abgewürgten EV1 von GM (Warum das Elektroauto sterben musste) gesichert hatte. Erst im Bestellprozess kapierte ich, dass Hyundai oder der Prius eigentlich viel konsequenter waren. Ein Schwenk auf den Prius aber wurde vom Verkauf geradezu boykottiert. Und ja sicher, es kommt ja Wasserstoff … was ein Quatsch. Aber dieses technisch absurde AntriebsFörderdrama wäre ein eigenes Thema.
Nur – der Corolla kam nicht zum geplanten Datum. Pandemie-Durcheinander, und bei Karneval sind Autohäuser im Raum Köln nicht mehr handlungsfähig. Ich brauchte 2020 also eine Übergangslösung: Ich mietete mutig einen vollelektrischen BMW bei Starcar. Ein schon 2020 total veraltetes Elektroauto mit winziger Batterie und lahmer Ladeleistung. Starcar hatte noch weniger Plan davon als ich. Das machte es extra spannend, und ich hatte einen Mords-Spaß.
Nach der ersten Woche war mir 100% klar: Die ganzen Bedenken und Einwände der Autodealer: Bullshit! Es funktionierte super für mich. Überhaupt kein Zweifel — dasist es.
Ich hatte mit dem Hybrid-Corolla, der nur aus dem Benzintank gespeist wurde, das falsche Auto bestellt. Auch wenn die Fahrzeug-App bis zum Schluß immer was anderes suggerierte: Das ist ein 100% fossil angetriebenes Fahrzeug.
Vier Jahre lang habe ich mich dann mit dem Leasing-Kompromiss-Corolla bei jeder passierten Ladesäule – also sehr oft – an diese Elektro-Experience erinnert. Und vier Jahre lang haben mir (fast) alle weiter erklärt, dass das ja gar nicht funktioniert. Mit den ganzen Quatschargumenten aus der rechten Petrol-Ecke, die über BLÖD & Co in die Gesellschaft sickern.
E: nun muss es klappen
2024 beim nächsten Leasing-Ende ein Déjà-vu, wieder die gleiche Mühe aus den 15 Jahren zuvor, einen Antriebswechsel hinzubekommen. Beispielsweise finden wir alle gut, wenn Autos günstiger werden. Autovermieter aber nicht, weil deren Business anscheinend weniger ist, mir vernünftige Mobilität anzubieten, sondern in sehr kurzen Intervallen Massen an irgendwelchen Pkw ein- und wieder auszuflotten. Also da bin ich raus. Aber nochmal warten auf … ja was eigentlich?
Irgendwann geht einem ja auch die Zeit aus. Und im Frühjahr 2024 fragte man sich als Deutscher eh in mehrfacher Hinsicht ganz neu: Wofür steht man selbst? Wer definiert, wie ich mein Leben gestalte? Und wenn ich einen Standpunkt finde – wie realisieren ich ihn praktisch? Ich rette nicht die Welt. Aber ich kann mich verantwortungsbewusst verhalten – oder auch nicht.
PV auf dem Hausdach war eine der alternativ erwogenen Optionen der eigenen Dekarbonisierung. Unser Dach ist aber mäßig geeignet, der eigene Stromverbrauch eh niedrig. Da würde ein E‑Pkw doch einen viel direkteren, deutlichen Effekt bewirken. Mit dynamischem Stromtarif könnte er sogar helfen, das Netz zu stabilisieren. Der Akku auf Rädern ist ja potenter als alles, was man sich in den Keller stellen würde.
Neben den üblichen Verdächtigen wie VW ID, Skoda, MG etc. habe ich auch das Tesla M3 erwogen, mit dem wir schon gute Erfahrungen sammelten. Aber das Format passt nach diversen Fahrten und Kurzzeitmiete einfach nicht zu uns. Technisch aktualisiert war er auch wieder teurer als zuvor. Anfang 2024 zudem totaler Wilder Westen im Preisgefüge. Förderung weg, Preise oben, dann wieder unten …
Autokauf in drei Minuten, Lieferung in 1 Woche
Im Frühjahr dann plötzlich eine Preissenkung beim Tesla Model Y, eine 0%-Finanzierung, AHK gibt es auch. Mit nun über vier Jahren Beschäftigung mit dem Thema im Rücken daher kurz entschlossen nochmal über Nacht Probefahrt mit dem Y, den wir nie richtig auf dem Schirm hatten. Bei ähnlicher Ausstattung (ob man die braucht – andere Frage) eher auf gehobenem Golf-Niveau. Also dann bestellt – via App in ca. drei Minuten. Finanzierung nochmal eine Stunde. Etwas Austausch zu den Versicherungen, Nummernschilder online bestellt und rasant geliefert. Morgens einem Zulassungstermin aufgelauert.
Nach einer Woche (!!!) war er aus Grünheide in Dortmund und ich habe ihn abgeholt. Rausgekommen ist dabei noch eine schöne 45-km-Radtour Wuppertal-Dortmund (Komoot-Track hier).
In dieser Zeit ist es parallel Toyota nicht einmal gelungen, mir einen Termin für die Leasing-Rückgabe zu nennen. Von dem ganzen wichtigtuerischen Autoverkäufer-Gehabe der letzten Wochen an diversen Orten mal ganz abgesehen, da bin ich nun mit 62 Jahren auch final bedient, lebenslange Fehlberatung. Dafür Gratis-Fußmatten und Schlüsselanhänger. Nie wieder.
Fast wie mein Käfer
Der (das?) Y passt auf unseren engen Stellplatz und wir fühlen uns im Handling beide wohl damit. Ladevolumen riesig. Unterm Kofferraum noch ein Riesenfach. Standardbatterie statt teurem Riesending, statt Speichermenge zählt heute sowieso eher flotte Ladeleistung unterwegs. Hinten kann man im Y sitzen (im Gegensatz zum Model 3). Heckantrieb wie mein Käfer, und noch eine Analogie: auch über der Vorderachse („Motorhaube“ trifft’s ja nicht?) nochmal Laderaum. Made in Germany, so weit es derzeit geht. Und 2022 der international meistverkaufte Pkw (über alle Antriebe, nicht nur “E”). Also gibt es von diesem “Volks-Tesla” genug Masse, dass man nicht später bei Reparaturen etc. nicht mit einem Sonderling zurückbleibt.
Technisch elegant
Trotz vier Jahren „Recherche“ habe ich mich doch in einem Punkt geirrt. Ja, der Y hat auch paar Nachteile, die mir klar waren – oder auf die ich mich einlassen musste. Ja, ich würde mir paar mehr Schalter wünschen. Das Fahrwerk ist etwas polterig. Gelsenkirchener Barock aus Plastikholz ist auch kaum zu unterbieten. Auch ist der Tesla-Chef in mancher Hinsicht noch indiskutabler als manches andere Management der Automotive-Historie. Dafür können aber die x‑tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Grünheide nix. Aber erst nach einer längeren Y‑Praxis nun wird mir klar, wie weit 2024 noch immer der Vorsprung von Tesla gegenüber den Modellen, die ich verglichen hatte, ist. Man würde es vielleicht mir Convenience bezeichnen. Ich weiß z.B. nicht einmal genau, wieviel km “Reichweite” er hat. Wofür auch.
Tschüss Inspektions-Geschäftsmodell
Eine Erlösung ist der Wegfall ritualisierter, überteuerter Inspektionen. Gibt vielleicht Herren, die solcherart Pein genießen. Ich brauche diese Schmerzen nicht. Fehler fallen spätestens in der HU auf und werden dann behoben, Bremsen/Klima alle x Intervalle gecheckt. Was will man da sonst auch „inspizieren“? Kein Wunder, dass ein Autohaus komplex-anfällige Technik lieber verkauft.
Wir haben zwar noch den vier Jahre alten Stapel Ladekarten aus der Zeit unserer damaligen i3-Miete. Damit können wir schon umgehen, und Laden bei Lidl ist (Stand jetzt) eh preislich der Knaller. Aber mit dem Tesla-eigenen Supercharger-Netz und der beeindruckenden Navi-Integration hätte ich null Bedenken, auch Neulinge damit auf eine Langstreckenfahrt zu schicken. Bei der Abholung aus Dortmund habe ich das Team direkt gebeten, den sehr leeren Neuwagen schnell wieder abzuklemmen. Nach einer Verzögerung in der Abhol-Warteschlange wollte ich endlich starten. Laut Tesla-Navi komme ich doch mit 4% Akku am Ziel an, dann passt das schon!
Detlef Hoepfner Am Ziel mit geplanten 4% ankommen? Kein Problem.Detlef Hoepfner Bei kalten 5 Grad ist sogar noch Energie frei, um den Akku für die am Ziel geplante Ladung vorzuwärmen
Das Gesamtkonzept Antrieb / Akku / Software / Ladenetz wirkt also einfach wie aus einem Guss. Kein Geprickelt, sondern neu gedacht “from scratch”. Meine Peugeots hatten nicht mal gleiche Bedienlogik innerhalb zweier Software-Tabs (da offensichtlich zusammengestückelt). Hier spricht die Heizung mit der Wärmepumpe mit der Ladeplanung mit dem Motor … und und und. Das Y wirkt so technisch unglaublich integriert, effizient und damit auch elegant. Dafür kann ich mich begeistern! Kaum einen Tag hier, gab es das erste Update mit Funktionserweiterungen Over-The-Air. Wobei OTA hier nicht für “Over The Autohaus” steht, sondern via unseren WLAN-Repeater, der über den Garten reicht.
Dass hier alles über ein Display, die Knöpfe am Lenkrad und die Sprachsteuerung bedient wird, ist vermutlich weniger eine Design-Entscheidung. Vermutlich macht das so ein Konzept die radikale technische Systemintegration überhaupt erst (und noch finanzierbar) möglich. Dinge wie eine Wärmepumpe sind beispielsweise in anderen Pkw nur eine Option, die dann wohl angestückelt wird. Hier ist sie zentral: Es ist draußen kalt, man selbst entspannt? Dann schaltet man die Fahrdynamik eine kaum spürbare Stufe runter auf “lässig”. Schon verteilt das Wärmemanagement die Temperatur etwas mehr in die Kabine statt auf die fröstelnde Batterie, der dafür gerade die anstrengende Spitzenlasten erspart bleiben. Und spart so hier ein Prozent, dort ein Prozent.
Nun muss ich nur noch die dämliche Blende über der AHK aufbekommen, der Y‑Standard-Aufreger. Aber dann zieht es 1,6 Tonnen – dafür brauchte es dann gleich mehrere Corolla!
Und nach so viel Lobhudelei darf mein Empfehlungs-Link https://ts.la/detlef192771 nicht fehlen, den du bei Probefahrten oder gar Bestellungen nutzen kannst. Wir bekommen beide einen kleinen Bonus – ich weiß aber noch nicht, was 😉
2022 gab es auf der Panik wieder einige Folkeboot-Überraschungen: Warum wölbt sich das Vordeck seltsam hoch? Und ist es normal, dass auch im Winterlager backbordseitig das Heck am Übergang zum Deck nie richtig trocken wird?
Am Bug galt es dann für Klaus, eine durch blühenden Rost äußerst stramm im Bug klemmende Metallstrebe herauszuoperieren. Für die Ecke am Heck fügte sich glücklich, dass Tablett oder Schalen aus hochwertigen Hölzern in der Panik-Werft sorgsam gesammelt werden.
Jahresbeginn bedeutet nicht nur ganz viele Vorarbeiten für die eigenen Magazine Production Partner und Professional System und Events unter dem Claim Live Entertainment and Technology: es lockt auch die boot in Düsseldorf. Mit der Boating Unit unseres gemeinsamen Medienhauses Ebner Media Group sind wir dort ebenfalls selbstverständlich vertreten – aber ich genieße das Vorrecht, diesen Marktplatz ganz privat und ohne Themendruck besuchen zu dürfen.
Meine Mitsegler Armin und Dirk sind diesmal leider raus, d. h. ich muss ihnen ein wenig Bericht erstatten … also doch etwas Themendruck. Regina hat sich derweil bereiterklärt, ihren Ehemann unterstützend zu begleiten, da ja der emotionale Support von Armin fehlt, wenn ich seufzend vor schönen Booten dahinschmachte.
Muss sagen, das ist eine interessante Erfahrung.
Unser eigener Auftritt wird von ihr gleich kritisch kommentiert. Na das kann ja was werden. Umrahmt von den cool gestalteten Backdrops treffe ich die fröhlichen Kollegen und freue mich riesig, dass wir uns hier wiedersehen.
Dann möchte ich gleich zu Pantaenius rüber – ein Kollege von uns ist als Content Marketing Manager dort hin gewechselt.
Während ich Regina noch im Laufschritt schildere, wie sehr ich das gleichzeitig bedauere – und auch verstehe –, ist sie schon wieder ein einem anderen Thema drin:
Ob ich schon gesehen hätte, wie toll der Stand gestaltet sei? Stimmt! Aber Jan kommt wohl erst leider morgen an.
Immer begeisternd der Auftritt von Steiner. Ich weiß nicht recht, warum. Die Gläser sind halt einfach Hammer. Die nervigen Schutzkappen werden neuerdings übrigens einzeln eingeklickt und hängen nicht dauernd vor der Optik. Lässt sich aber nicht umrüsten.
Hänge noch in Gedanken dabei, was Jan und mich überraschenderweise mit einem alten Segelzentrum am Ratzeburger See verbindet, hat Regina ihre Lieblings-Gangway entdeckt: Aard, das wünscht sie sich für die Banjaard!
Ich dagegen bekomme (nochmals) den Auftrag, endlich den Hauklotz im Garten durch korrekte Gartenstufen zu ersetzen.
Dürfen sie klappbar sein?
Quer durch die Halle leuchtet es orange. Auf dem Weg dort hin echte Museumstechnik. Noch nicht die Refit Area mit ihren kunstvoll mit Rohren und Kesseln vollgestopften Dampfbooten. Sondern irgend so ein Baller-Boot, die einen auf dem Wasser unendlich nerven (nicht viel weniger an Land). Der Blick unter die Haube so eines Explosionsmotors, der vor allem irre Energiemengen in Hitze und Lärm umwandelt, ist 2023 einfach nur noch verstörend.
Direkt gegenüber der zeitgemäße Gegenpol von Torqeedo.
Detlef Hoepfner Moderierte Diskussion beim Motorenhersteller — die Ergebnisse werden anonym per Foto erfasst
Aber nicht nur die Antriebe sind cool, das ganze offene und inspirierende Messestandkonzept begeistert uns:
Regina und ich stehen vor mehreren Themenwänden zu Technologie und Produkterwartungen. Wir diskutieren, überlegen, wägen ab und entscheiden. Setzen hier einen Marker, drehen dort einen Propeller. Ein richtig schönes, interaktives Messehighlight. Ganz ohne irgendwelche AV 😉
Wir vergessen nur Wand 3, das haben wir irgendwie verpeilt. Bestimmt, weil da doch noch ein Bildschirm hing statt „was echt zum anpacken“.
Keine Lust mehr auf Ruß und Staub
Technisch sind wir dann fast schon durch. Mir fällt neben den segeltypischen Solar-Panels maritime Ladetechnik auf. Regina fühlt sich zu einer neuen Küchenarbeitsplatte inspiriert. Werkzeug, Lacke und Tauwerk überall. Aber ehrlich gesagt: Von Schleifarbeiten bei 7 Grad in der Bootshalle habe ich echt die Nase voll.
Courage, Freiheit und Überlebenswille
Damit ist man schnell in der Abteilung Damen- und Herrenbekleidung angelangt. Hier und da tuschelt es an den Ständen, ob auch hier nicht mal mehr Aussteller zugegen waren? Mir scheint zumindest, dass die Anbieter hochwertiger (oder zumindest teurer) Waren gut sichtbar sind. Verschiebt sich die Masse an Kramläden noch mehr ins Internet? Selbst “Klassiker” wie NV Charts, deren Navigations-App wir gerne verwenden, sind diesmal nicht aufzufinden.
Neuentdeckungen sind so vielleicht auch leichter auszumachen. Freedom of the wind – The beauty of the sea – Courage of Ukraine: Während dies auch ein Wochenende ist, an dem weiter diskutiert wurde, ob man nun bestimmte Panzer ja oder vielleicht oder vielleicht ja aber nur als ob der Ukraine überlässt, stehen deren Segelmacher in Halle 15 und versuchen sich an einem Hauch Normalität und Umsatz. Die Oberbekleidung “Rewind” von ernst bis augenzwinkernd ist teil aus recyceltem Material gefertigt, mir gefallen ja die Windfähnchen an den Ärmeln top!
Storys statt Muff
Von Kai und Silvan haben wir uns schon verabschiedet, für sie beginnt morgen nach dem Publikums-geprägten Sonntag der eigentliche Termin-Marathon. Wir machen noch einen Schlag quer rüber in die Refit Area. Als Messe-Dauerläufer wirkt sie zwar leicht, als müsste hier auch unverkaufte Fläche belegt werden. Aber sie ist wirklich super schön gemacht. Auch Klassenvereinigungen gehören natürlich zur boot. Aber Themenflächen, auf denen nicht zum 100. das gleiche Boot steht, sondern beispielsweise Umweltfragen attraktiv erlebbar werden, gehören für mich zu den eigentlichen Highlights. Die quirlige Bevölkerung durch malende und bastelnde Kinder bestätigt, dass die boot nach wie vor auch ein attraktives Ziel für den Familienausflug ist.
Ganz komme ich auch hier nicht aus meiner Haut: Die typische Situation „alter Seebär hält das Mikro vor seinen Bauch und referiert und laut machen darf man eh nicht“, verliert dank moderner Linienlautsprecher ihren Schrecken. Ich bin schon weit im Gang weitergelaufen, da höre ich ihn noch leise – und verstehe jedes Wort.
Trotz Orientierungslosigkeit zum Ostsee-Ziel
Langsam geht uns die Puste aus. Regina chillt in einem Vortrag ab. Die Ziele rund New York einer engagierten Seglerin erkennt sie begeistert aus diversen Kinofilmen. Ich suche vergeblich das große Segelbecken, ein Opti-Lieferant ist nicht im Ausstellerverzeichnis zu identifizieren. Und überhaupt – wo sind hier die baltischen Regionen vertreten?
Regina gibt sich der Illusion hin, bei Ausstellern oder an der Infotheke Auskunft zu erhalten. Nach Versuch 3 mit bemühtem, elegant-blau gekleidetem Messepersonal, das ansonsten ahnungslos auch nur den Zahlenkolonnen verwaltenden Computer fragt, sind wir bei meinem Vorschlag, einfach in der nächsten Halle selbst zu suchen und die nutzlosen Pläne alle wegzuwerfen. Den Opti-Händler hat Dirk zwischenzeitlich von zu Hause aus ausfindig gemacht und mir per WhatsApp zugespielt.
Da entdecken wir von weitem an einer Wand den Küstenverlauf Litauen, Lettland, Estland. Nix wie hin. Kaum haben wir den Finger auf unser Urlaubsziel 2023 gesetzt, knapp oberhalb von Pāvilosta, werden wir gleich angesprochen: „Guten Tag, ich bin dort der Hafenmeister – wie kann ich Euch helfen?“
Nun haben wir eine Verabredung – nicht nur die Region um das ehemalige Paulshafen, sondern auch Pāvilosta selbst soll eine Reise wert sein!
Nach zwei Jahren mit einer ausgefallenen Folkeboot-Tour und einem Törn von Testzentrum zu Zahnarztpraxis nun in 2022 endlich wieder eine ganze Woche Leben unter Segeln. Das Schleiwasser hatten wir dabei sogar hauptsächlich unterm Kiel statt in dem Boot – ein Privileg, dass andere sich erst hart erarbeiten müssen, wie wir unterwegs lernten
Trööööööt …! Bin selbst etwas erschrocken, wie laut es über die Schlei nach einem kräftigen Lungenzug in Richtung Campingplatz schallt. Aber irgendwann muss man dieses Messing-Signalhorn doch auch mal praktisch nutzen! Haaaaaa-loooooo-klaaaauuuuus?! Wir wissen nicht, ob unser Freund und Nachbar sein Folkeboot „Panik“ pünktlich hier an die Schlei bekommen hat. Am Steg, den wir auf unserem mehrstufigen Weg von Maasholm Richtung Schleswig passieren, sehen wir es nicht im Fernglas. Auch der Campingplatz scheint unbelebt. Wir haben den Platz schon halb passiert, da kommt seine Frau ans Ufer gelaufen. Jetzt haben wir spontan gar nicht gecheckt, wie flach es da vorne ist. Aber mit ein paar Rufen und Armbewegungen ist auch über Entfernung klar: Die „Panik“ wird heute in Missunde gekrant, zu Wasser gelassen und der Mast gestellt. Da kommen wir jetzt eh vorbei. Aber passt unser unvorhersehbares Timing zu den knappen Kran-Zeitslots?
Typische Schlei-Perspektive, davor ist es flach – Kartenkonzentration …
Was ein Zufall! Dabei war vor ein paar Tagen noch gar nicht klar, ob wir überhaupt zu unserer jährlichen Tour würden starten können. Eine Sorgen bereitende WhatsApp „Können wir bitte telefonieren?“ ging schon vor zwei Jahren einmal zwischen uns hin und her. Damals hatten wir in gegenseitiger Abstimmung beschlossen: Wir können diesmal gar nicht los. 2022 nun eine ähnliche Situation. Aber wieder ist für uns klar: Wenn einer von uns in der Klemme ist, tragen wir nötige Entscheidungen gemeinsam, gar keine Frage. Nach längerer Krisensitzung per Videoschalte beschließen wir: Das Auto wird nicht wieder ausgepackt, wir schaffen uns stattdessen unterwegs ausreichend Ausstiegs-Optionen. Und einen Plan B braucht man beim Segeln ja sowieso immer, mindestens. Vor allem, wenn die Lärche für den Bootsrumpf der diesmal gecharterten „Mumi“ schon 1968 auf die Eichenspanten gelegt wurde.
Neues Team bei “Klassisch am Wind”
Gespannt sind wir diesmal nicht nur auf diese gut sieben Meter Folkeboot, sondern auch auf die Vercharterer Jeannine und Sven Steinbach. Ab dieser Saison führen sie die Pflege und Vermietung von Jacaranda, Maj, Admiral Jacob und eben Mumi weiter. Kontakt und Übergabe laufen super easy und sympathisch. Schnell haben wir das Gefühl: hier ist das Projekt „Klassisch am Wind“ wieder in gute Hände weitergegeben. Mit Jacaranda und Maj haben wir schon etliche Touren durch die „Dänische Südsee“ geloggt, auf Admiral Jacob immerhin einmal übernachtet und sind nun gespannt, wie „Mumi“ und wir uns miteinander anfreunden.
Herausforderung Nr. 1 ist wie immer (nachdem Armin sich endlich im Supermarkt auf die richtige Sorte Kartoffeln geeinigt hat): Wie bekommen wir mehrere Handkarren voller Klamotten und Lebensmittel, zuvor von Armin schon nach unserer Standard-Cloud-Einkaufsliste eingekauft, in dieses Boot? Auto leer, aber Vordeck und Cockpit komplett voll … Die „Maj“ hatte noch Schwalbennester über den beiden Kojen. Hier stößt man sich zwar nicht den Kopf daran, aber es fehlt auch der Stauraum für Zwiebeln, Brot, Nudeln, Kulturbeutel, Kamera, Navi-iPads, Ladegeräte … und und und. Also unter Deck erst mal Platz geschafft, Klapptisch oder Rettungsinsel haben wir eh nicht vor zu nutzen, also alles in die Ecken damit. Dann die ganzen Bodenbretter lockern und inspizieren, wo man was in der immer etwas nassen Bilge unterbringen könnte. Gut verpackte Lebensmittel nach unten, den Käse lieber nach oben. Hält sich hier etwas kühler, wegfuttern sollte man ihn dennoch schnell. Sogar eine kleine Kühlbox würde man hier vielleicht unterbekommen. Richtig am Vorluk platziert, kommt man an manche Kisten später sogar bequem vom Vordeck aus. Wenn man nicht vorher vergessen hat, im engen Bug den Schnappverschluss zu öffnen …
Die erste kurze Nacht und den Einräumtag liegen wir noch in Maasholm. Um Werft und durch die vorgelagerten Yachten heult der Wind, die Flaggen zerren mächtig an ihren Leinen. Nicht der Sound, den man nach anstrengenden Arbeitswochen, Anreise und unklarer Wochenperspektive hören will. Wir checken die Wettermodelle ECMWF und ICON. Schauen von der vorgelagerten Hafenspitze zu, wie andere Boote kleine Testrunden vor Maasholm drehen und wie sich die von Kappeln kommenden Boote schlagen. In Schleimünde wären wir bei dem Wind easy. Aber da fahren am Wochenende alle hin, das sparen wir uns. Und die nächsten Ziele via Ostsee liegen danach zu entfernt, zumal bei unserer Planungs-Unsicherheit. Abends spät hält sich der Wind an die Vorhersagen, wird etwas ruhiger. Ich habe auch schon nach nur einem Tag genug vom Schnack der „Hafen-Dauercamper“ und wir müssen auch unserer Psyche zuliebe los. Kurz vor Jahresmitte ist es nun — zumal hier im Norden — eh ewig lange hell. Nächst erreichbar liegt Kappeln, da hätten wir auch bei Wetterverschlechterung etwas zu tun. Der nun zwar angenehmere Wind steht auf der Strecke jedoch genau gegenan.
Kappeln und Arnis – nicht nur ein Kompromiss
Jetzt sind wir nicht für Angst vorm Kreuzen bekannt und so bereits den kompletten Als-Sund hoch. Aber wir entscheiden uns für eine Kombi: Die Segel werden gegen 19.00 Uhr angeschlagen und los gehts. Prompt fällt uns nach dem Ablegen auf, dass wir in den Schnüren doch noch was überkreuz haben. Also ein guter Test. Das ist die Herausforderung Charter-Segeln: Mit dem eigenen Boot ist man ewig vertraut, was einem nicht gefällt, baut man um. Aber selbst diese vier fast gleichen Folkeboote haben doch hier und da ihre kleinen Unterschiede, und so ist man als Charterer besonders gefordert, sich schnell zu adaptieren.
Armin Pech Kurzer Halbwind-Probeschlag abends um halb achtArmin PechDetlef Hoepfner Erstes Anlegen klappt schon mal topDetlef Hoepfner Liegeplatz etwas ruhiger in Richtung Schlei — und mit mehr Abendsonne
Nach ein paar Wenden geht der Kurs nach Nordwest, die Segel beide wieder runter und wir sind total begeistert von diesem 4‑PS-Außenborder: Der Viertakter läuft ruhig und leise, springt immer verzögerungsfrei an, stinkt weniger und braucht kaum Sprit. Mehr kann man von der Problemstelle Nr. 1 eines Segelbootes nicht verlangen. Einzig der Kraftstoffschlauch klemmt gerne mal an der Motorhalterung, zum Manövrieren mag man den Außenborder ja gerne auch mal komplett um 90°quer stellen. Mit einem langsamen Seitenimpuls dreht man den Langkieler so gut. Am besten gefällt uns fast die lustige Beschilderung „Hase“ und „Schildkröte“ am Gasgriff.
Die letzte Brückenöffnung in Kappeln ist abends kurz vor zehn, das schaffen wir locker. Beim ASC finden wir einen schönen Platz mit dem Bug zur Schlei und Heck in die Abendsonne. Dabei etwas weg vom Landleben und der den Museumshafen überragenden Milchfabrik, deren Vorbesitzer bis 2019 dem Promenadenweg seinen Namen gab.
Hier gönnen wir uns einen Tag dringend nötiger Ruhe. Wir dürfen gelassener abwarten, wie sich daheim unsere Lagen entwickeln und wären schnell zurück. Die Stadt lädt zum Bummeln ein, das Hafen-Restaurant ist mega (bester Veggie-Burger vonne Welt), die Museumsschiffe locken gleich nebenan und wir liegen sicher und ruhig. Einzig auf solche schlichten Wandersegler wie uns ist man hier nicht unbedingt optimal eingestellt. Und wir lernen: Für eine Mitgliedschaft (zu ungenannten Kosten) bräuchten wir hier zwei Bürgen — das bekommen wir aber schnell hin, zählen wir uns beide an Bord kurz durch 🙂
Detlef Hoepfner Gewitterwolken türmen sich aufArmin Pech Das Wetter ist weiter nicht unser FreundDetlef Hoepfner Der Regen ist etwas schneller als unsere 4 PSDetlef Hoepfner Arnis, hat übrigens den nettesten HafenmeisterZwischen Gewittern und Regen über nach Arnis
Richtig raus aus der Schlei werden wir diese Woche nicht kommen, das wird uns beiden langsam klar. Unser Ziel Avernakø aber von unsere To-do-Liste können wir vergessen. Armin: „Durch Plan B stand fest, es gibt nur einen Weg: Schlei rauf und anschließend wieder abwärts, soweit wir wollen. Also alles entspannt.“ Sesshaft wollen wir hier in diesem Hafen nun jedoch auch nicht werden. Dagen spricht am nächsten Tag in geradezu lehrbuchmäßiges auftürmen von Gewitterwolken über der Stadt. Flankiert werden sie von dunklen Fronten am Horizont. Wir checken das Wolkenradar, schauen in den Himmel, prüfen Den Wetterbericht und ergreifen eine Gelegenheit, die uns günstig scheint. Unter Motor wenigstens schnell rüber nach Arnis, in Bewegung zu sein, und sei es nur so kurz, tut uns gut. Aber die Idee, der Front auszuweichen, haut nicht ganz hin: auf dem Weg holt sie uns langsam ein und duscht einmal das Salz Wasser von uns und dem Boot. Angekommen in Arnis begrüßt uns dafür Sonnenschein. dazu noch der beste Hafenmeister weit und breit, der seinem Namen gerecht wird. Da fehlen nur noch Annette und Hildor, die uns hier im letzten Jahr von Land aus supportet haben.
Detlef HoepfnerDetlef HoepfnerArmin PechDetlef HoepfnerDetlef Hoepfner “Es muss nicht immer Bratwurst sein” — während seine Familie grillt, versucht Armin, sich meinen Erdbeer-Tick schönzureden und pfeffert diese raffiniert. Wir sind beide mäßig beeindruckt.Detlef HoepfnerDer Mond ist in diesen Juni-Nächten 2022 der Erde sehr nah
Ein Rundgang um die Halbinsel durch die Gärten und Werftgelände oder ein Flammkuchen in der Schleiperle sind allemal einen Nachmittag wert. direkt vor unseren Augen wird sogar ein komplettes Kümo gerade frisch geslippt.
Erdbeeren bunkern in Lindaunis
Jörg Lubs Unser Holzboot vor viel altem Stahl
Next Stop Lindaunis — übrigens ausgesprochen „Lindau-Nis“ wie mich meine norddeutsche Familie überzeugt. Letztes Jahr war hier für uns Endstation. Die skurille Brücke ist allein einen Besuch wert, aber – wenn wieder mal verklemmt – für hohe Masten nicht passierbar. Wir sind mit den Infos der die beeindruckende Baustelle verantwortenden Bahn optimal versorgt (das gute und informative Bau-Infoportal findet sich hier). Wir müssen uns bei der Ansteuerung der Marina direkt vor den gigantischen Baustellen-Pontons nur noch für einen Liegeplatz entscheiden: eher Ostseite mit Blick zurück in die Schlei oder gegenüber Richtung Brücke? Armin plädiert kurzfristig für die zweite Lösung und wir machen dort fest. Kurz danach gesteht er, warum: ihn lockte ein besonders kurzer Weg zu den etwas entfernt liegenden Sanitäranlagen. Unser Video vom zugegebenermaßen idyllischen Lauf bis zum Ausgang wurde dann zum Lacher in unserem Verein: Lange Schlangenlinien lief man von hier zum in Wirklichkeit maximal weit entfernten Tor. Nur ganze zwei Boote in der gesamten Marina hatten einen noch weiteren Weg zum Klo. Aber gutes Timing ist beim Segeln ja essentiell.
Bedrohlich nur mein gefährlich zur Neige gehende Vorrat an frischen Erdbeeren. Also einmal Ziel Obsthof und zu Fuß über die alte Brücke. Das ist schon ein Abenteuer für sich. Zwischen Schienen und Gerüsten klettert man — oft mit Blick auf das Wasser unter einem — über Bleche und und Bretter mit lose rumliegenden Nägeln. wirklich eine die Fantasie anregende Konstruktion. Abends lässt der Baulärm nach, der uns überraschend wenig stört. Vielleicht liegt es an der faszinierenden Kombination von alter und entstehender neuer Brücke, für die sich riesige Bohrköpfe in den Boden drehen. Die seltsamen Seezeichen zwischen den Maschinen geben zusätzliche Rätsel auf. Man hat sie zuletzt in der Segelschein-Prüfung gesehen.
Wellengluckern an dem gestuften Holzrumpf
Im schwindenden Licht des Abends lässt sich noch ein Seeadler von einer Möwe attackieren und schwingt sich majestätisch davon. Jetzt spürt man nur noch eine leichte, kalte Brise, die sich in Wellen durch das Schilf schwingt, das uns vom Ufer trennt. Dazu mischt sich das brutzeln und Knistern auf unserem Gaskocher. Deswegen sind wir unterwegs. Nachts ein Geklimper, wenn die letzen Schleiwellchen unseren geklinkerten Rumpf erreichen. Jeder Kontakt eine leicht rhythmische Melodie mit zufälligen Tonhöhen — das alles in nächster Nähe dreidimensional um den eigenen Schlafsack herum. Schöner kann man nicht liegen.
Jörg Lubs Idyllisch-kurviger Schleiverlauf vor Missunde, Armin an der PinneDetlef Hoepfner Vorm Öffnen rätselt man kurz, wo genau hier die Durchfahrt gelingt
Nicht ganz dicht – Sorgen auf der „Panik“
Rostige Stahlträger gleiten am nächsten Tag beim Passieren der hochgewuchteten Lindaunis-Brücke über unseren hölzernen Mast. Die Passage ist tatsächlich so schmal, wie sie von weitem zwischen den vielen neuen Spundwänden für künftige Fundamente schon erschien. Der grobe Kurs ist durch den Fjordverlauf ja vorgegeben. Aber so richtig lockt uns noch kein Ziel. Die Enge bei Missunde ist immerhin eine lustige Kurverei, die werden wir uns heute gönnen. Und wir wissen ja nun, wo vielleicht Klaus und seine Panik aufzufinden sind. Die Kurverei aber ist nicht nur Spaß, sondern auch von Wind mit ca. 0 bis 0,1 Bft geprägt. Aus wechselnden Richtungen. Trotz Gewichtstrimm und allen unseren Binnenseglertricks geht es nur in Super-SloMo weiter. Da wissen wir noch nicht, dass dies der Wettergott für unser Timing für ein Treffen mit der „Panik“ steuert. Wir haben sogar etwas Mühe, mit der netten Crew des Folkebootes Salty die Schlei-Seiten zu wechseln, um uns dichter an die Marina zu halten. (Dank an Jörg und Jannik für Eure Fotos!) Als sich unser Bug endlich vor den Kran schiebt, taucht langsam das Heck der Panik auf. Heraus schiesst ein hektischer Wasserstrahl.
Detlef Hoepfner Klaus hat gerade gekrant, als wir passieren – und muss extrem viel pumpen
Also nun wieder tief Luft holen und … tröt! Armin lacht sich halb kaputt über meinen verunglückten Signalstoß. Aber Klaus fällt uns ja sonst vor Schreck aus dem Boot mit dem Pumpschwengel in der Hand, wenn wir ihn so erschrecken. Und wir sehen gleich: das ist da drüben doch gerade ein zu nasses Vergnügem. Freudig-angestrengt gestikuliert und ruft Klaus zu uns rüber: „Na ihr habt es gut! Euer Boot ist dicht!“ Das Wasser steht ihm zwar nicht zum Hals, aber er bekommt im Boot doch ziemlich nasse Füße. Das hat man selbst bei einem Folkeboot auf Dauer nicht so gern. Was dann später hören: Sein ehrenamtliches Flüchtlingsengagement hat alle Bootsarbeiten daheim verzögert. Der Holzrumpf stand auch viel zu lange trocken. Nun kämpft er mit einem kräftigen Wassereinbruch, über den auch noch die Pumpe kollabiert. Nach unserem kurzen Schnack und Weiterfahrt legt auch er mit Vollgas ab, bei unserem Aussenborder hätte dies wohl der Gashebelstellung „Hase mit angelegten Ohren im Tiefflug“ entsprochen. Was ist letztlich die beste Lenzpumpe? „Ein erschrockener Seemann mit einem großen Eimer.“ Auf eine kleine Sandbank vor seinem Liegeplatz gesetzt, ließ sich dann in Ruhe am verankerten Boot weiterarbeiten.
Wir haben uns zwischenzeitlich für das Ziel Fleckeby entschieden, denn Schleswig lockt uns nicht so sehr. Vorher drehen wir eine kleine Runde vor dem Schloss Louisenlund, wir scheinen dort aber nicht erwartet zu werden. Unser Ziel im Fernglas ist der Yachthafen Fleckeby, denn der östlich direkt daneben liegende WSF scheint uns etwas seltsam auf der Seekarte: die Stege sind von unzugänglichen Pontons umgeben, wir werden nicht so richtig schlau daraus.
Die Schlei mit all der Natur drumherum: Felder, Wälder, Wiesen, Knicks, Fischadler, Rehe auf Treppen – und dann all die ganzen Kuckucks 😀 …Zusammen mit dem Folkeboot durch die Natur zu reisen, es einfach so genießen zu können – super schöne Zeit!
Armin Pech
Für unsere Rollen an Bord entwickeln sich über die Jahre gewisse Vorlieben. Die versuchen wir daher immer wieder ein wenig aufzubrechen, damit wir beide in allen Aufgaben geübt bleiben. Aber jetzt hantiere ich mit Pinne und Motor zwischen den Beinen und bin dankbar, dass Armin einen Blick auf die Karte wirft: „Das Fahrwasser da vorne hast du gesehen, oder?“ Ähm ja … natürlich …
In der Schlei können ne Menge “Dinge“ im Weg sein
Nun korrekt eingeschwenkt entdeckt er auch gleich noch einen gut ansteuerbaren Platz hinter den Pontons, die wir ursprünglich meiden wollten. Kurz entschlossen landen wir so doch im WSF — eine der besten Entscheidungen der Woche. Schon beim Anlegen steht jemand geduldig am Steg, bis wir uns entschieden (und zwei Tonnen Langkieler sich passend platziert) haben. Unsere Heckleinen (hallo Sven 😉 ) erweisen sich wieder so eben zu kurz, es sei denn, ich wollte die ganze Nacht mit ihren Enden in den Händen auf dem Heck stehen bleiben. Also alles retour, gemeinsam wird eine passendere Box gefunden und dort hin verholt. Um uns wuseln dabei die üblichen Graubärte. Aber auch viele Kinder und Jugendliche flitzen über die Stege, und das nicht nur fein ausstaffiert für den Yachtie-Ausflug. Was für ein angenehmer Unterschied zu manch einförmiger Hafenstruktur. Wir fühlen uns super wohl. Ein paar Einheimische drehen ihre Segelrunden in den sensationellen Sonnenuntergang. Farbig leuchtet er über der sich hier breit in Richtung Sonne ausbreitenden Schlei. Danach sind wir offenbar allein im Hafen und genießen die Stille. Gegen die Kälte hilft unser „Bernsteinzimmer“, wie Armin mir immer wieder den Stoff gewordenen geschmacklichen Tiefpunkt aller bekannter Segelmacherkunst schmackhaft zu machen versucht. Da friere ich doch lieber, als in der Nähe so eines das Boot verunstaltenden Zeltes gesehen zu werden! Aber auch meinen Vorschlag, dann doch wenigstens die Auf- und Abbauerei zu sparen, indem wir konsequent mit gesetztem Zelt segeln, stösst im Team auf Ablehnung.
Detlef Hoepfner Wo sonst sitzt man so dicht am Wasser (gut bei geklemmten Fingern)Detlef Hoepfner Profi-SegelauftucherDetlef Hoepfner Jedes Teil muss erst irgendwo gesucht und dann wieder sicher und sauber verstaut werdenDetlef Hoepfner Frühstück im Bernsteinzimmer (was für eine hässliche Farbe)Detlef Hoepfner Fleckeby-Sonnenuntergang
Klaus hat uns schon mit seinem magischen Feldstecher erahnt, als wir auf dem Rückweg wieder die Insel Kieholm ansteuern. Wir legen kurz bei ihm an, erfahren die neuesten Entwicklungen bei seiner Boots- und Pumpenreparatur an seinem Folkeboot und machen uns auf den Weg, die nächste Brückenöffnung in Lindaunis zu erwischen. Wir erreichen sie sogar verfrüht und nutzen die Zeit für einige Segelschläge hin und her. Wie offenbar sowieso eigentlich — ohne das nun zu sehr zu verklären — vor allem die Folkeboote auf der Schlei zu segeln scheinen. Andere nutzen sie eher als schnell zu überwindende Transitstrecke in Richtung Ostsee, auf der es vor allem die zwei Klappbrücken optimal zu timen gilt.
Detlef Hoepfner Insel KieholmDetlef Hoepfner Klaus erwartet unsDetlef Hoepfner die noch zu viel Wasser ziehende “Panik” auf einer Sandbank zwischengeparktDetlef Hoepfner Klaus noch etwas besorgt, woher eine Ersatzpumpe nehmen — aber am nächsten Tag gelöst
Segel-Plan B – aber richtig
Pött-pött-Pött — der Motor des wertvollen Oldtimer-Flugzeugs geht mehrfach an und aus, bevor es in einem Feld eine etwas suboptimale Bruchlandung hinlegt. Das Video, in dem ein erfahrener Profipilot seine Fehler analysiert, hat mich sehr beschäftigt. Nun, als Armins Arme und ein Heckpfahl unseren Bug vor Kontakt mit dem vor uns liegenden Boot bewahren, kommt mir dessen Kernaussage wieder in den Sinn: ein einmal eingeleiteter Plan oder Manöver soll auch vollendet werden. Möglichst wenig hin und her. Wir wollten hier eigentlich paar Boxen weiter anlegen im Zwischenstopp Lindaunis. Schnell umentschieden — oh, hier ist ebenfalls frei und die Aussicht schöner — habe ich die Kurve dann jedoch nicht mehr ganz geschafft. Sicher nicht vergleichbar mit einem Notfallplan der Fliegerei, wo ständiges Umentscheiden („ach, das schaffe ich schon … oder doch nicht … ach klappt schon … ohhh …) das Gehirn überfordere. Ein abgesprochenes Manöver klappt aber halt nur dann, wenn man es auch praktiziert. Also erst mal weitergleiten, anhalten, gucken, dann in Ruhe zurück. Unsere Schäden jedoch halten sich seit Jahren — bis auf einen seltsamerweise plötzlich gekürzten Flaggenstock — sehr in Grenzen. Zu Zweit zu reisen, hilft da natürlich ungemein. „Alles nicht so einfach, wenn man alleine segelt“, bedankt sich ein kurz danach eintreffender weiterer Folkebootsegler neben uns beim Annehmen seiner Leinen: seine zersplitterte Bugspitze zeugt von einem frischen Kontakt mit dänischem Beton bei zu viel Wind.
Armin Pech Ansturm auf die BrückenöffnungDetlef Hoepfner Warten vor der Brücke LindaunisArmin Pech Hinter uns wirds gleich engDetlef Hoepfner Auch bei schnellen, wendigen Seglern mag die Brücken-Crew Kappeln den Motor hören
Wir Glücklichen
Eine richtig gute Entscheidung war dagegen, unsere Startideen den Umständen entsprechend bald an den Haken zu hängen. Nach drei Jahren wollten wir 2022 ja endlich wieder Dänemark erreichen. Nicht auszudenken der Stress und die Stimmung, wenn wir laufend umgeplant und überlegt hätten, ob wir in den letzten Tagen doch noch auf Biegen und Brechen irgendwie nach DK gelangen könnten. Für Segel-Spaß, eine gute Zeit zusammen auf dem Wasser oder inspirierende Begegnungen ist dann auch egal, ob man fünf, 50 oder 100 Seemeilen gesegelt ist. Und den Beutel mit dänischen Kronen werden wir auch so noch in Eis und Hot-Dogs getauscht bekommen!
Detlef Hoepfner Armin PechDetlef Hoepfner Detlef HoepfnerArmin Pech Abendplatz — was will man mehrArmin (irgendwas mit Holz) und Detlef (irgendwas mit Medien) segeln seit vielen Jahren im SVWK zusammen und dürfen einmal im Jahr ihre Familien und Jobs gegen ein Folkeboot tauschen
Grüne Hügel, dichte Wälder, durchzogen von Bächen – die nur wenige Minuten von unserem Zuhause gelegene Landschaft zwischen Wuppertal und Hattingen ist ab 2020 unser „Pandemie-Rückzugsgebiet“. Segelfrei.
Dem Elfringhauser Warnhinweis „Flugfeld“ hatten wir bisher wenig Beachtung geschenkt, in Richtung Reitanlage Oberste-Lehn fesselt einen eher der weite Blick auf eine Miniaturlandschaft, in der winzige Pferde, Spielzeug-kleine Traktoren und schottische Hochlandrinder tief unten ihre Runden drehen. Vor deren Hörnern warnt ein weiteres Schild – gehalten werden sie hier nicht zur Verteidigung, sondern um das am Hang gelegene Flugfeld im Winter zu beweiden und von Gestrüpp frei zu halten. „Ein Treibgang“, über den die Tiere zu einer Wasserstelle gelangen, „muss überflogen werden“, klärt eine Paraglider-Website zu diesem Startplatz Mellbeck auf.
Nach vielen Wanderungen trafen wir eines Freitags tatsächlich ein paar Gleitschirmflieger an. Wenn auch nur als, Segler ist man schnell im Gespräch: an den Zäunen signalisieren kurze Bänder die herrschende Strömung, mir wird erklärt, welches Flatterband welche Bedeutung hat. Wie auch auf der Segeljolle scheint der gelungene Start die größte Herausforderung. Lange stehen die Piloten im Wind, spüren ihn im Gesicht und an den Ohren, beobachten Wolken und denken sich in die Situation hinein. „Man hat ja keine Eile.“ Klingt auch nach Segeln, während mir der Wind durch die Corona-Friseur weht.
In Gedanken stehe ich mit Armin noch einmal an der Nordspitze der kleinen Insel Lyø, bei zu viel Wind und ausgefallenem Motor, den Blick weit übers Wasser: „Wie kommen wir hier wieder weg?“
“Eigentlich” wollten wir Himmelfahrt 2020 mit unserem Segelverein nach Ratzeburg, um dort ein langes Wochenende segeln zu verbringen. Das Chaos rund um die Viren-Pandemie machte uns dort nach langem Hin und Her schließlich doch einen Strich durch die Rechnung.
Als Familie waren wir dennoch ein paar Tage in der Stadt, um ein paar familiäre Dinge zu erledigen – das verwaiste Segelzentrum dort zu sehen ohne unsere Segelgruppe trübte dennoch die Stimmung. Zur Ablenkung sind wir abends um den (noch immer eingerüsteten) Dom geschlichen und haben den im Turm nistenden Uhus aufgelauert: Die Jungen übten sich gerade in ihren ersten Flugversuche. Wenn man mit etwas Geduld genau die Zeit zwischen Aktivitätsbeginn und der stockfinsteren Nacht erwischte, konnte man sie gelegentlich vor die Linse bekommen.
Angst und Schrecken soll das Folkeboot „Die Panik“ ja eher auf den Weltmeeren verbreiten – im Frühjahr 2020 gibt es stattdessen etwas Streß im Mastkopf
Detlef Hoepfner “Die Panik” beim Folkeboot-Treffen 2018Detlef Hoepfner Die ehemalige Mast-Göhl des Folkeboot-Holzmastes war unter einer Glasfasermanschette total durchgerottet
Eigentlich sollte auch „Die Panik“ von Klaus Wermann schon längst wieder schwimmen. Aber statt sich Ostern 2020 auf den Landweg von Klaus’ heimischem Betrieb in NRW zu ihrem Liegeplatz an der Schlei zu machen, stand sie immer noch unter ihrer Plane. Dort wartete sie auf ihre ersten Duschen aus dem Wasserschlauch, um nicht zu sehr auszutrocknen und um später schneller dicht zu quellen. Aber vorher waren noch ein paar Reparaturen auszuführen: Klaus’ Philosophie ist: lieber eine kleine Ausbesserung nach der anderen, statt einmal alles komplett auseinander zu bauen – um dann womöglich nie wieder zu segeln.
Bei der Inspektion des Mastkopfes dann eine unverhoffte Überraschung: Ein Vorbesitzer hatte nicht nur die Mastgöhl, in dem mit dem Vorliek die vordere Kante des Großsegels am elf Meter messenden Mast hochgeführt wird, verschlossen und dort eine Mastschiene aus Metall aufgesetzt (zu Klaus Mißfallen auch noch mit Spax-Schrauben …). Es war auch noch der Mastkopf durch eine Glasfasermanschette ummantelt worden. Wie so oft bei einer derartigen Kombination „Holz plus Ummantelung“ hatte sich – wohl seit Jahren – Feuchtigkeit festgesetzt: Den ganzen Winter in einer knochentrockenen Werkstatt gelagert war es darunter auch Mitte April immer noch nass. Und zwar so sehr, dass nicht nur das als Folge morsch gewordene Holz Wasser gezogen hatte, sondern sich auch nach der Entfernung des schadhaften Materials selbst aus dem gesunden Holz Feuchtigkeit herausdrücken ließ.
Nach Entfernen des beschädigten Materials ging es an die Materialsuche für die Ausbesserung – fündig wurde Klaus ganz fachgerecht bei einem Zaunpfahl sowie einer ebenfalls geplünderten („Die 9 Euro investiere ich!“) Holzpalette.
Sieht bisher doch schon gut aus, oder?
Runter mit dem Lack
Detlef Hoepfner Klaus wird Teile des laufenden Guts durch Kunstfasern ersetzen
Das erste Maiwochenende hat Klaus dazu genutzt, den Mast von seinen alten Lackschichten zu befreien. Der Mastkopf sieht nun schon top aus, etwas verdächtig ist ihm aber ein auflaminierter Scheuerschutz auf Höhe der Decksdurchführung: Womöglich hat sich auch dort unbemerkt Nässe konserviert? In Absprache mit Toplicht ist nun auch klar, dass der Mast gut geölt wird und danach erste Lackschichten mit 50% Verdünnung erhält, die mögliche tief ins Holz eindringen sollen. Außerdem wurde geplant, aus dem laufenden Gut die Drahtanteile zu verbannen und durch Kunstfasern zu ersetzen, die bei vergleichbaren Durchmessern sogar höhere Bruchlasten bieten.
Und tatsächlich bewahrheitete sich die Befürchtung, dass sich auch unter dem auflaminierten Scheuerschutz Rott gebildet hatte. Also runter damit, die beschädigten Bereiche aussägen, einen Ersatzkeil herstellen und einkleben.
Das neue Rig von Toplicht aus Hamburg war irgendwann auch pünktlich angekommen, die Pandemie-bedingten Verzögerungen verhalfen zudem ungewollt zu etwas mehr Zeit für Reparaturen. Im Sommer 2020 ging es dann endlich verspätet zum Liegeplatz an der Schlei.
Bei einem Kurzbesuch von mir bei Klaus ging es dann auch endlich einmal gemeinsam auf die Schlei … und wenn man schon unterwegs ist, gleich bis Schleswig und zurück: Hat sich doch wirklich gelohnt, die Arbeit! Vor allem die neuen Fallen haben mir unglaublich gut gefallen: Oben im Mast sparen sie Gewicht, über Deck sind sie sehr angenehm griffig.
Wie man im Video übrigens sieht, habe ich im iPad-Case unbemerkt den Stopfen auf der Ladeöffnung vergessen. Das hatte hier noch keine Folgen: Aber ein paar Tage später habe ich mir dadurch eine Ladung Salzwasser ins iPad getankt. Mehrere Tage in 4 kg Reis gelagert war es dann zum Glück wieder startklar …
16 leicht verschiedene 3d-Sounds vom Felderbachtal am Stadtrand Wuppertals.
Nix geht mehr im Lockdown nach der Arbeit. Statt Heimweg und Stau jetzt abends Runde durch den Wald. Mal eine halbe Stunde einfach unter einen Baum setzen. Frische Luft, als hätten wir alle schon Elektroautos. Aber vor allem: total leise hier neuerdings, ohne den entfernten Fluglärm nach Düsseldorf. Bekommt man die wenigen verbliebenen Mini-Sounds eingefangen? Also Kopfhörer auf und Augen schließen.
Aufgenommen mit Sennheiser Ambeo Smart (also Im-Ohr-Mikrofonen), diversem provisorischem Windschutz – textiler Ohrschutz statt Mundschutz. Hoffentlich hat mich im Wald niemand beobachtet. Letzte Störungen mit iZotope RX entfernt. Ansonsten total unbearbeitet.
Vorläufige Erkenntnis: Die akustische Hinten-Ortung ist trotz aller Bemühungen, sich geschickt vor Ort am/im Bach zu platzieren (ohne reinzufallen), etwas ernüchternd. Vor allem genau von hinten – aber wenn man ehrlich ist, klappt das auch in der Wirklichkeit schon ohne Aufnahme nicht so wahnsinnig toll. Versuchsweise habe ich die Umgebungsgeräusche daher nicht genau nach hinten auf 180 Grad positioniert, sondern vor Ort so aufgenommen, dass sie eher leicht schräg von hinten auf die Mikrofone trafen.
Man ist doch ganz schön verwöhnt vom Hyperrealismus der per Postproduction massiv gepimpten Recordings.
Kurzfristig und vorübergehend ein Elektroauto – und das noch im Winter. Geht das gut? Unverhoffte Customer Experience mit einem BMW i3 von Starcar
„Ach ist das alles kompliziert“? Aber wir verstehen in Deutschland doch selbst Abseits-Regeln und kennen 15 Sorten Katzenfutter, da wird man wohl auch den Stecker ins Auto bekommen. Los geht’s!
Ein aus Frust über die mangelnde Dynamik im Automarkt und eigenem, etwas voreilig positioniertem Elektro-Interesse gemieteter BMW i3 sollte nur zwei Tage eine Mobilitätslücke schließen. Aufladen war angesichts kurzer Strecken eher nicht geplant, aber mit dem – vermeintlich serienmäßigen – Schuko-Kabel des i3 wollte ich zumindest mal die Rasenmäher-Steckdose testen (extra vorher nochmal über deren Verkabelung nachgedacht). Aus den 2 mussten 9 Tage werden mit 1400 km unter widrigen Bedingungen – jetzt kenne ich mich grob aus 🙂
Detlef Hoepfner Im geheizten Elektroauto durch Winter-Stau: geht
Erster Tipp für Elektro-Anfänger: Nehmt jemanden auf den ersten Runden mit, der schon mal geladen hat usw., das ist dann am schnellsten erklärt und ausprobiert. Und auch geselliger sowieso.
Wer es verpasst hat, ein Beitrag zu meiner „Radikalisierung“:
Der BMW i3 konnte entweder über ein Typ-2-Kabel geladen werden oder die Erweiterung namens CCS. Das blaue Typ-2-Kabel mit dem runden Stecker lag bei, damit kommt man an die allermeisten „richtigen“ Ladepunkte. Im Gegensatz zur Haushaltssteckdose liefern die richtig Wumms, aber: Auch wenn an der Säule „22 kW“ steht, kann der i3 davon nur bis 11 kW entgegennehmen. Also nicht (wie ich) wundern. Und: Das ist bei jedem Pkw anders, eine fette Schnellladefähigkeit des Pkw sehe ich heute als zwingend nötig an, wenn man auch andere Distanzen bewältigen will als nur Kurzstrecken. Also Augen auf beim Neukauf!
Öffnet man beide Ladekappen unter dem Tankdeckel des i3, passt auch ein CCS-Stecker rein. Durch weitere Kontakte kann er statt Wechselstrom (AC) auch Gleichstrom (DC) einspeisen. Da dieser dann nicht mehr im Auto gewandelt werden muss, funktioniert das mit noch mehr Rumms: beim i3 bis 50 kW. Diese Leistung bieten meist die Ladesäulen an den Autobahnen. Von denen es mehr gibt, als man denkt, weil derzeit an den Ausfahrten ja eher die Kaffeemarke und der Burger-Typ ausgeschildert als die Lademöglichkeit.
Einen Adapter auf Schuko lieferte Starcar derzeit nicht standardmäßig mit, das finde ich nicht gut. Durch den tröpfeln zwar eher ein, zwei kW pro Stunde (nicht genau recherchiert), aber einen Schuko hat man überall. Und so langsames Laden ist viel besser für die Akkulebensdauer nebenbei. Rückmeldung von Starcar: Man denkt drüber nach!
Nachts am Kemnader See, die Schnellladung war leider gestört
Am runden Typ-2-Stecker lädt der i3 nur 11 kW/h – Zeit für einen Termin
Wo kann ich laden?
Das Netz an Ladesäulen wächst derzeit ständig; an den Autobahnstrecken sowieso, und dort mit Schnellladern mit 50 kW und mehr. Strom gibt es in Europa davon abgesehen überall. Genial ist natürlich, wenn man beim Supermarkt oder Bäcker (http://www.ladepark-kreuz-hilden.de) gratis oder zumindest besonders ökologisch lädt.
Diverse Apps zeigen die Ladepunkte in der Umgebung, lassen aber manchmal die kostenlosen Säulen weg. Eine sehr gute, auch Community-gepflegte Stromtankstellen-Übersicht: https://www.goingelectric.de/stromtankstellen/
Kundenparkplatz RCF/dBTechnologies
… und auch willkommen bei Adam Hall
Ladegeschwindigkeit
Wenn man von 17 kW Verbrauch pro 100 km ausgeht, kann man überschlagen, was man in 10 Minuten je nach Ladeanschluss an Strecke lädt. Dank der E‑Mobilitäts-Facebookgruppe in Wuppertal und der Firma Malte Reiter Fotografie konnte ich später auch mehrere Tage das Laden mit einem „Notladekabel“ an der Rasenmäherbuchse testen. Ergebnis:
das Gartenhaus brennt nicht ab
die Ladung läuft sauber die Nacht durch und kann in der Smartphone-App des i3 überwacht werden – überhaupt scheint Software künftig das A und O zu sein
ich kann in einer Nacht nebenbei das nachladen, was ich am Vortag für die Heimfahrt Köln-Wuppertal (ca. 75 km) verbraucht habe
der Hinweg zur Arbeit ließ sich am Büro wieder über eine Schuko aufbessern
richtig cool: den Wagen auf dem Parkplatz per App und rein elektrisch ohne Abgase vorheizen
Meine erste nächtliche Ladeerfahrung in Sprockhövel, noch nie so ein Kabel in der Hand gehalten: Schwupp steht ein Ehepaar neben mir, „können Sie uns mal zeigen, wie das geht?“ Äh … selber keine Ahnung! Learning by doing:
Bezahlung: Über RFID können sich die Karten oder Chips (oder Apps) an den Säulen anmelden, die Stecker entriegeln und den Ladevorgang starten/stoppen. Das Durcheinander der Vergangenheit lichtet sich, und an vielen Säulen kann man per EC-/Kreditkarte zahlen. Ich habe mir stattdessen drei Ladekarten besorgt: Von Shell (etwas unklare Preisgestaltung), ENBW (super) und den Stadtwerken Bochum. 2020 empfehlenswert ist auch die von Maingau. Die Karten (oder Apps) bieten je nach Vertrag ein Roaming zu anderen Anbietern, aber eben mit manchmal seltsamen Preismodellen. Wenn, dann habe ich meist die ENBW-Karte benutzt. (ENBW hat auch z.B. an der A1 Rastplatz Ehrenberg/Richtung Süden die coolsten Säulen.) Eine Ladepreis-Übersicht gibt es hier: https://emobly.com/de/laden/der-emobly-ladekarten-kompass-marz-2020/
Regionale Karten laufen nicht an jedem Lader, können vor Ort aber Sinn machen
Die ENBW-Karte lief überall – am eigenen Hyper-Super-Duper-Charger sowieso
Kostenlos laden: Angenehme Besonderheit bei Starcar: 2020 sollen die Elektrofahrzeuge mit einem Lade-Chip vermietet werden, der ein kostenloses Laden mit dessen RFID-Funktion ermöglicht. Das ist natürlich maximale Convenience: Nicht nachdenken oder rechnen – einfach Ladevorgang starten. Ähnlich einfach und kostenlos funktioniert dies sowieso an vielen anderen Ladesäulen wie bei Ikea, Aldi, Lidl (2020 Ausbau von 100 auf 400 Ladepunkte) – Dauerlösung ist das natürlich nicht. Bei der Fertighausausstellung Wuppertal allerdings braucht man offenbar eine der Ladekarte zum Starten des kostenlosen Ladevorgangs.
Also kein „das ist mir zu kompliziert“ – und wir sind alle erwachsen, jetzt nicht krampfhaft Ausreden konstruieren 🙂 Beim Sprit blicke ich auch nicht mehr durch, welcher Rüssel nun welche Geschmacksrichtung führt.
Verriegelung: Die Stecker verriegeln sowohl an der Säule, als auch am Pkw. Entriegeln z.B. über die Fernbedienung des Pkw (Tür auf/zu) oder Beenden des Ladevorgangs am Display der Ladesäule. Man kann nicht versehentlich losfahren trotz Kabelverbindung! Auch lässt sich ein festes Ladekabel an der Säule manchmal erst entnehmen, wenn die Säule selbst freigeschaltet wurde.
Ladesäule und Auto quatschen erst kurz miteinander vor der Ladung (blau)
Ladevorgang starten: Wenn es mehr als einen Anschluss an der Säule gibt, am Display den Anschluss auswählen. Bei vielen kostenlosen Ladesäulen (Aldi, Ikea …) kann das Ladekabel dann eingesteckt werden. Auto und Säule kommunizieren kurz (wird am Pkw angezeigt) und der Ladevorgang startet. Klappt das nicht, evtl. wiederholen. Es gibt auch den Fall, dass einer der Anschlüsse gestört ist, dann auf den nächsten Anschluss ausweichen. Bei einem defekten Aldi-Anschluss habe ich mir auch den Spaß gemacht, die aufgedruckte Hotline anzurufen, die dann vor meinen Augen die Säule gebootet hat. In dem Fall konnte ich aber statt des defekten CCS-Steckers den Typ-2-Anschluss nutzen.
300 kw High Power Charger der EnBW (* finde den Fehler)
* Bei fast vollem Akku (91%) natürlich nicht so sinnvoll, ihn jetzt anzuschließen, um 63 Minuten auf die letzten paar Prozent zu warten – aber der Hypercharger sah so cool aus und ich musste ihn mal ausprobieren 🙂
Reichweite des i3
Man muss sich von der Panik befreien, ohne 1000 km Reichweite mit dem BMW i3 dauern liegen zu bleiben. Dieses Liegenbleiben habe ich bisher eher in mutwilligen Tests auf Null (und darunter) dokumentiert gesehen. In allen meinen ersten Pkw lag (mit mulmigem Gefühl …) auch hinten ein 5‑Liter-Kanister drin. Das wird im E‑Auto durch einen vorgeschriebenen Kriechgang nachgebildet — und den Schukolader, den man als Backup hätte. Meine 2 x 75 km täglich waren kein Problem, realistisch sind mit einer Ladung im Winter über 200 km mit dem i3. Längere Strecken portioniert man in Abschnitte mit Schnelladesäulen. 2 x täglich 400 km sind für den i3 sicher nicht die Anwendung, dafür gibt es andere E‑Autos.
Detlef Hoepfner Ankunft in Köln nach winterlichen 75 km, incl. Heizung/Sitzheizung. Elektrisch und per App zu Hause vorgewärmt würde noch mehr Akku sparen
i3 Fahreigenschaften
Kurzgefasst: Sensationell. Extrem fein dosierbar, super spurtstark, total leise. Servolenkung etwas schwergängiger. Leichte Umgewöhnung, dass der Wagen extrem „am Gaspedal hängt“, er wird sofort schneller oder langsamer. Die Bremse braucht man eigentlich nie (vernichtet ja eh nur Energie). Auch hier gilt „wer bremst, verliert“, nämlich Reichweite. Einfach Gaspedal zurücknehmen, dann verlangsamter er ebenfalls sehr kräftig durch Rekuperation / Aufladen des Akkus. Selbst bei viel Regen konnte man eine Steigung hochspurten, ohne dass irgendwas rutscht. Auch ohne s‑Version ist der i3 superdynamisch unterwegs. Bei einer unfreiwilligen Vollbremsung stand der Wagen auch sofort, von wegen man braucht unbedingt breite Reifen …
Detlef Hoepfner Was für ein Fahrspaß – i3 läuft super im Schnee
An zwei Tagen hatte ich dann noch richtig viel Schnee, wegen verstopfter Innenstadt und Termindruck ging es etwas nervös bergauf und bergab durch engere verschneite Nebenstrecken, auch hier absolute Wintertauglichkeit. Durch das weiche Mitbremsen der Rekuperation waren auch verschneite Gefälle easy zu befahren
i3 Bedienung voll im 90er-Style
Auf absolutem Kriegsfuß stehe ich mit den ganze Schaltern und Knöpfen des i3. Im Prinzip finde ich es super, wenn Funktionen auf eigenen Tastern liegen. Aber bis man die hier mal alle gefunden hat, verteilt im ganzen Auto. Und dann noch die endlos vielen Darstellungen im Display. Gab es die ganzen Schalter und Knöpfe im Angebot, waren die irgendwo über? Die Idee des Tesla Model 3 mit einem zentralen Screen fand ich früher … komisch. Mittlerweile stellt sich ja wohl heraus, dass er weniger eine Sparmaßnahme ist, als eher Ausdruck eines Konzeptes, das streng auf einem zentralen Steuergerät basiert. Dagegen kommt mir das hier vor wie Rudis Resterampe an Zulieferer-Klimbim. Auch nach 1400 km hatte ich nicht die Funktion gefunden, eine Navigation abzubrechen (hab sogar den Wagen ausgeschaltet) und ein Radiosenderwechsel gelang auch nie auf Anhieb. Also BMWler, guckt Euch mal ein Smartphone an.
Ob die Navigation auch Infos an das Energiemanagement weitergibt (der E‑Golf passt es wohl z. B. kartenbasiert vorausschauend an Steigungen und Kurven an), habe ich nicht herausgefunden. Etwas irritierend ist auch, dass ich nicht gefunden habe, wie der BMW die zu erwartende Restkapazität am Ziel anzeigt. Dafür blendet er Diesel-Tankstellen in die Karte ein …
Das war vielleicht nicht so schlau – aber ohne Carport …
Fazit: Echt der Knaller
Zurück in einem Toyota Hybrid komme ich mir plötzlich vor wie im Oldtimer. Auto mit Verbrennungsmotor fühlt sich so irrational an – wo ist da der Sinn? Doppelt gemoppelt mit Verbrennungsmotor plus nochmal Elektromotor macht es auch nicht wirklich besser auf lange Sicht: Ein Auto rein mit E‑Antrieb ist nicht nur ein Erlebnis. Sondern auch vernünftig, und ab 2020 eigentlich ohne Alternative.
Ausprobieren!
Provisorisch, aber läuft schon: Bäcker Schürens 2. Ladepark …
… mit Kaffee, Kuchen und elektrischem VW T2 am Hildener Kreuz
Disclaimer: Auto normal gemietet, Strom und Bäcker selbst bezahlt, keine Tiere zu Schaden gekommen
Lesedauer8MinutenDetlef Hoepfner Sonnenstrom laden beim Bäcker
Dass es nicht länger tragbar ist, wenn ich weiter jährlich über 50.000 km wertvolle Rohstoffe unwiederbringlich verballere, dämmert mir schon länger …
Dass es nicht länger tragbar ist, wenn ich weiter jährlich über 50.000 km wertvolle Rohstoffe unwiederbringlich verballere, dämmert mir schon länger. Und bevor man sich in der Selbstgefälligkeit einrichtet, wächst die Erkenntnis:
„Ich muss hier raus!“
Und zwar eigentlich sofort. Wenn auch beruflich gekoppelt an einen Flottenverbund, so habe ich doch Jahr um Jahr beharrlich bei jedem Inspektionstermin den Meister gefragt:
„Jungs, wie sieht es bei Euch aus mit alternativen Antrieben?“
Die Antwort leierte immer gleich über den Meister-Schreibtisch mit dekorativen Öl-Reagenzgläsern als Briefbeschwerer: „Herr Hoepfner. Die Technik ist noch nicht soweit. Und bei ihren Strecken. Das ist doch nur was für den Stadtverkehr.“ Dann noch die beschwörerische Andeutung, da komme bestimmt noch irgendeine Wundertechnik, irgendwann. Ja auf eine Geheimwaffe hat Deutschland schon einmal gewartet, in unseligen Zeiten. Und so lange kann man weiter Seltene Erden in den Raffinerien bei der Spriterzeugung verbraten, mit den Abgasen den Hitzschutzschild der Erde löchern und uns Kunden mit Betrugssoftware und aerodynamischem Finetunig an der Dachreling beschwichtigen. Wir wollten es ja eigentlich nicht anders.
Aber jetzt habe ich die Nase voll. Von den Ausreden, den Ammenmärchen der Petrolheads, dem selbstgerechten Verdrehen der Fakten und dem „immer weiter so“. Wir haben 2020, und ich will sicher nicht erst bis zum Alter von 150 Jahren durchhalten müssen, bis sich mal was ändert.
Schon Anfang 2020 dann beruflich in Amsterdam trau ich meinen Augen nicht – der ganze Stadtverkehr voll E‑Mobilität. Ja ist klar, die fahren immer nur ne Fahrradstrecke? Von wegen: zum Wintersport zischen sie mit Kind und Kegel ins Sauerland und nach Österreich. Aber wir kommen damit angeblich nicht von Köln nach Wuppertal? Wenn ich im Messeparkhaus Düsseldorf parke, stehen vorne direkt die Elektroautos. Kennzeichen: Niederlande. Österreich. Norwegen. Ja sind die vielleicht auf einem Tieflader hierhergekommen?
Ich kkkkkkkann auch anders
Gesagt, getan. Nach einiger Überzeugungsarbeit war der Diesel-Leasing-Vertrag gecancelt. Findet der Vertragspartner natürlich nicht so erfreulich. Ich diktiere im ins Reporting: Ich hab bei euch jahrelang gebettelt. Ihr habt nichts gebaut. Jetzt bin ich weg.
Eine Woche später lese ich in der Zeitung: Der PSA-Chef in Frankreich verspüre eine verstärkte Nachfrage nach alternativen Konzepten. Ach nee. Zehn Jahre habe ich gebohrt. Aber ich hatte mich bisher offenbar unklar ausgedrückt.
Davon habe ich jetzt aber noch keine neue Lösung, und als – irgendwann auch strukturell-terminlich drängender – Kompromiss wird ab 2020 erst mal ein Hybrid-Benziner mit sehr kleinem, verbrauchsarmen Motor geleast.
Das Wechsel-Timing drifte derweil etwas auseinander, eine Lücke entsteht und ich brauche noch einen Ersatzwagen dazwischen. Gut, wenn ich schon so die Klappe aufreiße, dann ist das jetzt wohl Pflicht, erstmals zwei Tage elektrisch zu fahren. Schon vorrecherchiert erkenne ich: Richtig die Nase vorn hat – als Innovator von außen – offenbar nur Tesla: um einen von null neu gedachten Antrieb wurde konsequente Software entwickelt und dann noch irgendwann eine Karosserie draufgesetzt. Ist in der Vermietung aber Premium-Level. Bei Starcar jedoch finde ich alternativ einen rein elektrischen BMW i3 zu vertretbaren Konditionen. Nun bin ich bekennender BMW-Hater („ich kann es erklären“), aber die radikale Form des i3 fand ich schon immer konsequent (gut, vielleicht bis auf die zwei blau umrandeten Nierentische an der Front). Also gebucht, zum i3 scheint ja auch ein Schuko-Ladekabel zu gehören, wird schon klappen, notfalls auch ohne Ladung für die paar km. Aber ausprobieren am Gartenhaus kann man das mit dem Strom ja mal. Löschwasser stehen auch 1000 Liter daneben. Ach und sicherheitshalber einfach mal paar Ladekarten bestellen, vielleicht kommt eine pünktlich.
Dann kam alles anders. Kaum war das Auto abgeholt, mussten aus den zwei Tagen neun werden, geplante 150 km wuchsen sich auf 1400 aus, die anfangs noch solidarisch elektro-ahnungslose Vermietung musste sich auch erst mal mit dem Wagen beschäftigen und statt Frühlings-Cruisen gab es für mich Sturm, Hagel, Regen, richtig Schnee auf Steigungen. Und nicht nur ich fuhr noch nie in so einem Teil: Außer mir im Wagen dann nacheinander: nicht weniger als 18 interessierte Mitfahrerinnen und Mitfahrer: Ey cool, lass mal mitfahren.
So naiv gestartet, gab’s dann einige Überraschungen und eine steile Lernkurve. Ein paar Tipps rund um die ersten Kilometer E habe ich daher hier zusammengefasst:
Detlef Hoepfner Beste Ladesäule ever. Danach soll ich wieder so einen stinkenden Benzinschlauch anfassen?!
Toll, du konntest ja auch zu Hause und auf der Arbeit laden NEIN, ich musste die meiste Zeit die öffentliche Ladestruktur nutzen. Den Schuko-Adapter hatte ich erst am Ende der Mietdauer.
Ich hab keinen Bock auf Ladekarten Come on, die sind schnell bestellt. (Nachträglich stellte sich bei meiner Miete raus: die Starcar-Mietwagen können sogar kostenfrei per Chip geladen werden!)
Ich habe noch immer keinen Bock auf Ladekarten Viele Säulen laufen mit EC- oder Kreditkarte (habe ich aber nicht ausprobiert). Bei IKEA, Aldi, Lidl usw. geht es umsonst und teilweise sogar mit 50-kW-Krawumm
Bei mir gibts keine Ladesäulen Die Städte sind übersät mit Ladepunkten, und die Anzahl steigt gerade drastisch an. Und selbst in der Eifel gibt es ja grundsätzlich Strom (aber nicht an jeder Ecke Benzin). Guggs Du hier: https://www.goingelectric.de/stromtankstellen/ Oder schlage für Deinen Stadtteil Ladepunkte in den Laternenmasten vor; da gibts schon etliche Pilotprogramme.
Ich stelle mich doch nicht 2 Stunden an die Ladesäule! Am schnellsten laden die Autos bis ca. 80% Füllgrad. In zehn Minuten hat man schon genug Saft mindestens für mittlere Kurzstrecken. Wenn man nicht das dümmste Fahrzeug und die lahmste Säule koppelt, geht das Laden zügig.
Das ist mir zu nerdig mit den Steckern Ich habe auch kurz irritiert aus der Wäsche geguckt, aber eigentlich ist’s einfacher als Diesel und Super plus und Diesel minus und E‑irgendwas und dann noch Harnstoff nachfüllen. Man kapiert ruckzuck, welche Buchse da unter der Ladeklappe sitzt.
Ich warte auf besseren Diesel / Wasserstoff / andere Technik / E ist doch eh noch schädlicher Fraunhofer hat dazu verständlich plus fundiert extrem viele Quellen ausgewertet. Ähnliche Analyse, aber als YouTube-Statement von Prof. Quaschning (HTW Berlin), beides ganz unten verlinkt.
Brennen die nicht dauernd Nein, sogar seltener. Und sie lassen sich auch löschen, mit Wasserlanzen in die Batterie, das Auto wird bei Crashs spannungsfrei geschaltet. Links s. u.
Was ist mit den Stromnetzen? EBV brauchen im Vergleich nur den Bruchteil der Energie eines Benziners/Diesel, die Versorger sind da entspannt (Fraunhofer-Infos unten). Aktuelle Konzepte sehen sogar eine Stabilisierungsmöglichkeit durch viele Elektroautos
Elektromobil: dynamisch, geräumig und clean
Wie fuhr es sich nun? Jeder ist verblüfft, wenn sich das Fahrzeug zum ersten Mal lautlos in Bewegung setzt. Eine Kollegin sinngemäß: „So müssen sich früher die Menschen gefühlt haben, als sie überhaupt zum ersten Mal in einem Automobil saßen.“ Als Fahrer erlebt man die völlig verrückte Dynamik, wenn der i3 mit Drehmoment-jetzt-sofort praktisch verzögerungsfrei am „Gas“-Pedal hängt. Bei leichtem Druck schleicht sich der i3 sanft voran, bei kräftigem Tritt schießt die BMW-Kapsel nur so nach vorne. Und das alles mit vorher beim Bäcker getankten Sonnenstrom. Aber auch umgekehrt – leicht vom Pedal runter bremst er sofort wieder ab und lässt sich in den allermeisten Fällen auch ganz ohne das Bremspedal millimetergenau zum Stehen bringen. Die Energiebilanz dankt es einem hinterher durch etliche kW in die Batterie zurückgespeister Energie.
webgo-admin Hier entsteht ein Ladepark — provisorisch gibts schon Strom und Brötchen
Aber zwei weitere Erfahrungen sind nicht weniger eindrücklich: Der i3 ist nun außen wirklich kompakt, hinten sitzend möchte man als Erwachsener auch nicht unbedingt bis zum Nordkap fahren. Aber durch den Wegfall der vielen Antriebskomponenten sind offenbar alle elektrischen Pkw innen deutlich geräumiger als die Verbrenner. Als alter Kombi- und VW-Bus-Fahrer: Ja, der Kofferraum macht keinen Umzug möglich. Zwei Stühle vom Möbelhaus abzuholen war mit dem i3 aber kein Problem. Und wenn ich meinen Kombi jetzt gegen den i3 tauschen müsste: Sofort und bedenkenlos. Nach Fahrzeugrückgabe im viel größeren (aber natürlich auch niedrigeren) Kombi sitzend überkam mich ein fast beklemmendes Gefühl: Alles so eng hier im Verbrenner?
Detlef Hoepfner Selbst ein i3 hat wegen des Wegfalls von Getriebe etc. innen viel mehr Platz (hier: Rücklehnen umgelegt)
Und zuletzt: Ich musste jetzt zwei Wochen nicht mehr an einer Tankstelle in den Dieselpfützen stehen, was für eine Erleichterung. Ich musste überhaupt gar nicht mehr extra zur Tanke! Wo auch immer man gerade ist: Strom und eine Steckdose finden sich meist in der Nähe. Mobilität ist plötzlich verfügbar, so wie der Staubsauger einfach ein- und dann wieder ausgeschaltet wird. Wenn längere Strecken anstehen, sind sowieso Pinkelpausen angesagt. Dann kann man bei modernen EBV mit 50 kW – oder je nach Pkw auch einem Mehrfachen davon – schnell mal was in den Akku ballern. Ich (Jahresleistung 50.000) stelle fest: Ich brauche gar kein Auto mit 1000 km Reichweite. Und verrechnet mit der übers Jahr gesparten Tankzeit (weil ich mich zwischendurch beim Supermarkt, zu Hause, auf der Arbeit oder bei Kunden eh nebenher an eine Leitung klemmen kann, wir leben ja nicht in der Sahara), komme ich eigentlich auf eine vergleichbar lange Reisezeit. Mal von dem ganzen gesparten Inspektions- und Wartungsaufwand abgesehen. Ja sorry, die Werkstätten müssen sich umstellen, aber wir stoppen auch nicht das Internet, obwohl in Wuppertal ganze Quante-Industrieflächen der Digitalisierung zum Opfer fielen. Erste Elektronikfachmärkte machen es hier übrigens vor: Sie errichteten bereits eigene Ladepunkte, boten dann Installationsservice für zu Hause – und beginnen nun, eigene E‑Autos zu verkaufen. Obacht, geliebtes Automobilhaus.
Wenn man wie ich täglich 150 km fährt, macht natürlich eins Sinn: Lademöglichkeit zu Hause oder bei der Arbeit. Wer diese 150 km nur in einer Woche fährt, muss aber definitiv nicht alle zwei Tage an die Dose.
Detlef Hoepfner Kaum lade ich den Mietwagen bei Aldi, zieht Lidl nach 😉 Von bisher 100 Ladesäulen erweitert Lidl in 2020 auf 400 Stück
No way back
Es gibt nicht viele „Zum ersten Mal“-Mobilitätserlebnisse, die mich nachhaltig beeindruckt haben: Mit dem eigenen Käfer zum ersten Mal nach Norddeutschland. Mit einem 70 Jahre alten Holzboot zu zweit über die Ostsee. Jetzt 1400 km rein elektrisch – das toppt noch fast die genannten Premieren.
Meine Verbrenner-Monate sind gezählt. Ein Neuwagen-Sparkonto ist eingerichtet. Es gibt kein zurück. Und mit dem Öl können unsere Kinder später intelligentere Dinge unternehmen, als es zu verbrennen.
Nützliche Links zu E‑Mobilität
Die ganzen YouTuber zum Thema bewegen sich zwischen unterhaltsam und irgendwie-zusammengereimt-merkt-schon-keiner bis zum narzistisch-selbstverliebten Dauer-Welterklärer (auch in Kombination). Und es entsteht so eine Video-Inflation, dass man kaum noch durchblickt. Zwei solidere Kanäle:
Ove Kröger
… hat sein Leben lang geschraubt und arbeitet als Pkw-Gutachter. Bei aller Elektrobegeisterung kommt da aber noch deutlich mehr rüber als reine Elektroblasen-Nabelschau.
(Disclaimer: wir sind ebenfalls weder verwandt noch verschwägert, und selbst gemietet hatte ich bei Starcar) schöpft seine Infos ebenfalls aus professioneller Basis — die Autovermietung betreibt eine große E‑Flotte und kennt alle Hochs und Tiefs. Die Wochenrückblicke sind offenbar von einer kleinen Redaktion aufwändig recherchiert und aufbereitet, sehr auf den Punkt ohne „sind wir nicht alle so toll Blabla“.
Realitäts-Check 2020 von Shell
Wie sehen Wirklichkeit und Erwartungen in Europa Elektroflotte heute aus? Shell hat dazu die üblichen Fragen von Fahr- bis Ladeverhalten bei Fahrern abgefragt und zugänglich aufbereitet. Download der verständlich gestalteten Broschüre: https://newmotion.com/de_DE/ev-driver-survey-report-2020-de/
Umweltbilanz
Ja, zu Fuß gehen ist zwar ökologischer. Eine in 2020 sehr fundiert zusammengetragene Meta-Studie der Fraunhofer bietet aber kritisches Material zu vielen Umweltaspekten – im Detail genau recherchiert und dokumentiert, aber auch allgemeinverständlich im Überblick präsentiert:
Prof. Quaschning hat vergleichbar viele Aspekte zusammengetragen, eingeflossen in diesen YouTube-Beitrag.
Disruption vom Bäcker
Ein Beispiel, dass man nicht ein mittel durchgeknallter Elon Musk sein muss, um Geschäftsmodelle disruptiv auf den Kopf zu stellen: Die Bäckerei Schüren zeigt bereits der traditionellen Autobranche, wo der Hammer hängt und baut schon den nächsten zeitgemäßen Ladepark: https://www.facebook.com/SeedandGreet/
Fahrzeugbrände
Fahrzeugbrände gibts (leider) täglich – z.B. wegen Benzinlecks. Elektro-Crashtest-Reihen mit massiven Fahrzeugzerstörungen hat dazu die DEKRA unternommen. Brennt in einem Batterieauto nach selbst verschuldetem Abgang in die Botanik der Dachhimmel, ist das direkt eine Horrorstory wert: