Folkeboot-Segeltour „Schlei – Plan B“

Detlef und ArminDetlef Hoepfner
Lesedauer 16 Minuten

Nach zwei Jahren mit ein­er aus­ge­fal­l­enen Folke­boot-Tour und einem Törn von Testzen­trum zu Zah­narzt­prax­is nun in 2022 endlich wieder eine ganze Woche Leben unter Segeln. Das Schlei­wass­er hat­ten wir dabei sog­ar haupt­säch­lich unterm Kiel statt in dem Boot – ein Priv­i­leg, dass andere sich erst hart erar­beit­en müssen, wie wir unter­wegs lernten

Trööööööt …! Bin selb­st etwas erschrock­en, wie laut es über die Schlei nach einem kräfti­gen Lun­gen­zug in Rich­tung Camp­ing­platz schallt. Aber irgend­wann muss man dieses Mess­ing-Sig­nal­horn doch auch mal prak­tisch nutzen! Haaaaaa-loooooo-klaaaau­u­u­u­us?! Wir wis­sen nicht, ob unser Fre­und und Nach­bar sein Folke­boot „Panik“ pünk­tlich hier an die Schlei bekom­men hat. Am Steg, den wir auf unserem mehrstu­fi­gen Weg von Maasholm Rich­tung Schleswig passieren, sehen wir es nicht im Fer­n­glas. Auch der Camp­ing­platz scheint unbelebt. Wir haben den Platz schon halb passiert, da kommt seine Frau ans Ufer gelaufen. Jet­zt haben wir spon­tan gar nicht gecheckt, wie flach es da vorne ist. Aber mit ein paar Rufen und Arm­be­we­gun­gen ist auch über Ent­fer­nung klar: Die „Panik“ wird heute in Mis­sunde gekrant, zu Wass­er gelassen und der Mast gestellt. Da kom­men wir jet­zt eh vor­bei. Aber passt unser unvorherse­hbares Tim­ing zu den knap­pen Kran-Zeitslots?

Typ­is­che Schlei-Per­spek­tive, davor ist es flach – Kartenkonzentration …

Was ein Zufall! Dabei war vor ein paar Tagen noch gar nicht klar, ob wir über­haupt zu unser­er jährlichen Tour wür­den starten kön­nen. Eine Sor­gen bere­i­t­ende What­sApp „Kön­nen wir bitte tele­fonieren?“ ging schon vor zwei Jahren ein­mal zwis­chen uns hin und her. Damals hat­ten wir in gegen­seit­iger Abstim­mung beschlossen: Wir kön­nen dies­mal gar nicht los. 2022 nun eine ähn­liche Sit­u­a­tion. Aber wieder ist für uns klar: Wenn ein­er von uns in der Klemme ist, tra­gen wir nötige Entschei­dun­gen gemein­sam, gar keine Frage. Nach län­ger­er Krisen­sitzung per Videoschalte beschließen wir: Das Auto wird nicht wieder aus­gepackt, wir schaf­fen uns stattdessen unter­wegs aus­re­ichend Ausstiegs-Optio­nen. Und einen Plan B braucht man beim Segeln ja sowieso immer, min­destens. Vor allem, wenn die Lärche für den Boot­srumpf der dies­mal gechar­terten „Mumi“ schon 1968 auf die Eichenspan­ten gelegt wurde.

Neues Team bei “Klassisch am Wind”

Ges­pan­nt sind wir dies­mal nicht nur auf diese gut sieben Meter Folke­boot, son­dern auch auf die Ver­char­ter­er Jean­nine und Sven Stein­bach. Ab dieser Sai­son führen sie die Pflege und Ver­mi­etung von Jacaran­da, Maj, Admi­ral Jacob und eben Mumi weit­er. Kon­takt und Über­gabe laufen super easy und sym­pa­thisch. Schnell haben wir das Gefühl: hier ist das Pro­jekt „Klas­sisch am Wind“ wieder in gute Hände weit­ergegeben. Mit Jacaran­da und Maj haben wir schon etliche Touren durch die „Dänis­che Süd­see“ gel­og­gt, auf Admi­ral Jacob immer­hin ein­mal über­nachtet und sind nun ges­pan­nt, wie „Mumi“ und wir uns miteinan­der anfreunden.

Her­aus­forderung Nr. 1 ist wie immer (nach­dem Armin sich endlich im Super­markt auf die richtige Sorte Kartof­feln geeinigt hat): Wie bekom­men wir mehrere Hand­kar­ren voller Klam­ot­ten und Lebens­mit­tel, zuvor von Armin schon nach unser­er Stan­dard-Cloud-Einkauf­s­liste eingekauft, in dieses Boot? Auto leer, aber Vordeck und Cock­pit kom­plett voll … Die „Maj“ hat­te noch Schwal­bennester über den bei­den Kojen. Hier stößt man sich zwar nicht den Kopf daran, aber es fehlt auch der Stau­raum für Zwiebeln, Brot, Nudeln, Kul­turbeu­tel, Kam­era, Navi-iPads, Ladegeräte … und und und. Also unter Deck erst mal Platz geschafft, Klapp­tisch oder Ret­tungsin­sel haben wir eh nicht vor zu nutzen, also alles in die Eck­en damit. Dann die ganzen Boden­bret­ter lock­ern und inspizieren, wo man was in der immer etwas nassen Bilge unter­brin­gen kön­nte. Gut ver­pack­te Lebens­mit­tel nach unten, den Käse lieber nach oben. Hält sich hier etwas küh­ler, weg­fut­tern sollte man ihn den­noch schnell. Sog­ar eine kleine Kühlbox würde man hier vielle­icht unter­bekom­men. Richtig am Vor­luk platziert, kommt man an manche Kisten später sog­ar bequem vom Vordeck aus. Wenn man nicht vorher vergessen hat, im engen Bug den Schnap­pver­schluss zu öffnen …

Kompass
Detlef Hoepfn­er

Hör auf zu heulen

Die erste kurze Nacht und den Ein­räum­tag liegen wir noch in Maasholm. Um Werft und durch die vorge­lagerten Yacht­en heult der Wind, die Flaggen zer­ren mächtig an ihren Leinen. Nicht der Sound, den man nach anstren­gen­den Arbeitswochen, Anreise und unklar­er Wochen­per­spek­tive hören will. Wir check­en die Wet­ter­mod­elle ECMWF und ICON. Schauen von der vorge­lagerten Hafen­spitze zu, wie andere Boote kleine Testrun­den vor Maasholm drehen und wie sich die von Kap­peln kom­menden Boote schla­gen. In Schleimünde wären wir bei dem Wind easy. Aber da fahren am Woch­enende alle hin, das sparen wir uns. Und die näch­sten Ziele via Ost­see liegen danach zu ent­fer­nt, zumal bei unser­er Pla­nungs-Unsicher­heit. Abends spät hält sich der Wind an die Vorher­sagen, wird etwas ruhiger. Ich habe auch schon nach nur einem Tag genug vom Schnack der „Hafen-Dauer­cam­per“ und wir müssen auch unser­er Psy­che zuliebe los. Kurz vor Jahresmitte ist es nun — zumal hier im Nor­den — eh ewig lange hell. Nächst erre­ich­bar liegt Kap­peln, da hät­ten wir auch bei Wet­ter­ver­schlechterung etwas zu tun. Der nun zwar angenehmere Wind ste­ht auf der Strecke jedoch genau gegenan. 

Kappeln und Arnis – nicht nur ein Kompromiss

Jet­zt sind wir nicht für Angst vorm Kreuzen bekan­nt und so bere­its den kom­plet­ten Als-Sund hoch. Aber wir entschei­den uns für eine Kom­bi: Die Segel wer­den gegen 19.00 Uhr angeschla­gen und los gehts. Prompt fällt uns nach dem Able­gen auf, dass wir in den Schnüren doch noch was überkreuz haben. Also ein guter Test. Das ist die Her­aus­forderung Char­ter-Segeln: Mit dem eige­nen Boot ist man ewig ver­traut, was einem nicht gefällt, baut man um. Aber selb­st diese vier fast gle­ichen Folke­boote haben doch hier und da ihre kleinen Unter­schiede, und so ist man als Char­ter­er beson­ders gefordert, sich schnell zu adaptieren. 

Nach ein paar Wen­den geht der Kurs nach Nord­west, die Segel bei­de wieder runter und wir sind total begeis­tert von diesem 4‑PS-Außen­bor­der: Der Vier­tak­ter läuft ruhig und leise, springt immer verzögerungs­frei an, stinkt weniger und braucht kaum Sprit. Mehr kann man von der Prob­lem­stelle Nr. 1 eines Segel­bootes nicht ver­lan­gen. Einzig der Kraft­stoff­schlauch klemmt gerne mal an der Motorhal­terung, zum Manövri­eren mag man den Außen­bor­der ja gerne auch mal kom­plett um 90°quer stellen. Mit einem langsamen Seit­en­im­puls dreht man den Langkiel­er so gut. Am besten gefällt uns fast die lustige Beschilderung „Hase“ und „Schild­kröte“ am Gasgriff.

Gashebel
Detlef Hoepfn­er Ganz wichtiger Hin­weis für uns Segler

Die let­zte Brück­enöff­nung in Kap­peln ist abends kurz vor zehn, das schaf­fen wir lock­er. Beim ASC find­en wir einen schö­nen Platz mit dem Bug zur Schlei und Heck in die Abend­sonne. Dabei etwas weg vom Landleben und der den Muse­umshafen über­ra­gen­den Milch­fab­rik, deren Vorbe­sitzer bis 2019 dem Prom­e­naden­weg seinen Namen gab.

Hier gön­nen wir uns einen Tag drin­gend nötiger Ruhe. Wir dür­fen gelassen­er abwarten, wie sich daheim unsere Lagen entwick­eln und wären schnell zurück. Die Stadt lädt zum Bum­meln ein, das Hafen-Restau­rant ist mega (bester Veg­gie-Burg­er vonne Welt), die Muse­umss­chiffe lock­en gle­ich nebe­nan und wir liegen sich­er und ruhig. Einzig auf solche schlicht­en Wan­der­segler wie uns ist man hier nicht unbe­d­ingt opti­mal eingestellt. Und wir ler­nen: Für eine Mit­glied­schaft (zu unge­nan­nten Kosten) bräucht­en wir hier zwei Bür­gen — das bekom­men wir aber schnell hin, zählen wir uns bei­de an Bord kurz durch 🙂

Richtig raus aus der Schlei wer­den wir diese Woche nicht kom­men, das wird uns bei­den langsam klar. Unser Ziel Aver­nakø aber von unsere To-do-Liste kön­nen wir vergessen. Armin: „Durch Plan B stand fest, es gibt nur einen Weg: Schlei rauf und anschließend wieder abwärts, soweit wir wollen. Also alles entspan­nt.“
Sesshaft wollen wir hier in diesem Hafen nun jedoch auch nicht wer­den. Dagen spricht am näch­sten Tag in ger­adezu lehrbuch­mäßiges auftür­men von Gewit­ter­wolken über der Stadt. Flankiert wer­den sie von dun­klen Fron­ten am Hor­i­zont. Wir check­en das Wolken­radar, schauen in den Him­mel, prüfen Den Wet­ter­bericht und ergreifen eine Gele­gen­heit, die uns gün­stig scheint. Unter Motor wenig­stens schnell rüber nach Arnis, in Bewe­gung zu sein, und sei es nur so kurz, tut uns gut. Aber die Idee, der Front auszuwe­ichen, haut nicht ganz hin: auf dem Weg holt sie uns langsam ein und duscht ein­mal das Salz Wass­er von uns und dem Boot. Angekom­men in Arnis begrüßt uns dafür Son­nen­schein. dazu noch der beste Hafen­meis­ter weit und bre­it, der seinem Namen gerecht wird. Da fehlen nur noch Annette und Hildor, die uns hier im let­zten Jahr von Land aus sup­port­et haben.

Ein Rundgang um die Hal­binsel durch die Gärten und Werft­gelände oder ein Flammkuchen in der Schleiper­le sind alle­mal einen Nach­mit­tag wert. direkt vor unseren Augen wird sog­ar ein kom­plettes Kümo ger­ade frisch geslippt.

Erdbeeren bunkern in Lindaunis

Folkeboot vor Brücke
Jörg Lubs Unser Holz­boot vor viel altem Stahl

Next Stop Lin­dau­nis — übri­gens aus­ge­sprochen „Lin­dau-Nis“ wie mich meine nord­deutsche Fam­i­lie überzeugt. Let­ztes Jahr war hier für uns End­sta­tion. Die skurille Brücke ist allein einen Besuch wert, aber – wenn wieder mal verklemmt – für hohe Mas­ten nicht passier­bar. Wir sind mit den Infos der die beein­druck­ende Baustelle ver­ant­wor­tenden Bahn opti­mal ver­sorgt (das gute und infor­ma­tive Bau-Info­por­tal find­et sich hier). Wir müssen uns bei der Ans­teuerung der Mari­na direkt vor den gigan­tis­chen Baustellen-Pon­tons nur noch für einen Liege­platz entschei­den: eher Ost­seite mit Blick zurück in die Schlei oder gegenüber Rich­tung Brücke? Armin plädiert kurzfristig für die zweite Lösung und wir machen dort fest. Kurz danach geste­ht er, warum: ihn lock­te ein beson­ders kurz­er Weg zu den etwas ent­fer­nt liegen­den San­itäran­la­gen. Unser Video vom zugegeben­er­maßen idyl­lis­chen Lauf bis zum Aus­gang wurde dann zum Lach­er in unserem Vere­in: Lange Schlangen­lin­ien lief man von hier zum in Wirk­lichkeit max­i­mal weit ent­fer­n­ten Tor. Nur ganze zwei Boote in der gesamten Mari­na hat­ten einen noch weit­eren Weg zum Klo. Aber gutes Tim­ing ist beim Segeln ja essentiell.

Bedrohlich nur mein gefährlich zur Neige gehende Vor­rat an frischen Erd­beeren. Also ein­mal Ziel Obsthof und zu Fuß über die alte Brücke. Das ist schon ein Aben­teuer für sich. Zwis­chen Schienen und Gerüsten klet­tert man — oft mit Blick auf das Wass­er unter einem — über Bleche und und Bret­ter mit lose rum­liegen­den Nägeln. wirk­lich eine die Fan­tasie anre­gende Kon­struk­tion.
Abends lässt der Baulärm nach, der uns über­raschend wenig stört. Vielle­icht liegt es an der faszinieren­den Kom­bi­na­tion von alter und entste­hen­der neuer Brücke, für die sich riesige Bohrköpfe in den Boden drehen. Die selt­samen Seeze­ichen zwis­chen den Maschi­nen geben zusät­zliche Rät­sel auf. Man hat sie zulet­zt in der Segelschein-Prü­fung gesehen. 

Wellengluck­ern an dem gestuften Holzrumpf

Im schwinden­den Licht des Abends lässt sich noch ein Seeadler von ein­er Möwe attack­ieren und schwingt sich majestätisch davon. Jet­zt spürt man nur noch eine leichte, kalte Brise, die sich in Wellen durch das Schilf schwingt, das uns vom Ufer tren­nt. Dazu mis­cht sich das brutzeln und Knis­tern auf unserem Gaskocher. Deswe­gen sind wir unter­wegs. Nachts ein Gek­limper, wenn die let­zen Schlei­wellchen unseren gek­link­erten Rumpf erre­ichen. Jed­er Kon­takt eine leicht rhyth­mis­che Melodie mit zufäl­li­gen Ton­höhen — das alles in näch­ster Nähe drei­di­men­sion­al um den eige­nen Schlaf­sack herum. Schön­er kann man nicht liegen.

Folkeboot im Schilf
Jörg Lubs Idyl­lisch-kurviger Schleiver­lauf vor Mis­sunde, Armin an der Pinne
Brücke Lindaunis
Detlef Hoepfn­er Vorm Öff­nen rät­selt man kurz, wo genau hier die Durch­fahrt gelingt

Nicht ganz dicht – Sorgen auf der „Panik“

Ros­tige Stahlträger gleit­en am näch­sten Tag beim Passieren der hochgewuchteten Lin­dau­nis-Brücke über unseren hölz­er­nen Mast. Die Pas­sage ist tat­säch­lich so schmal, wie sie von weit­em zwis­chen den vie­len neuen Spund­wän­den für kün­ftige Fun­da­mente schon erschien. Der grobe Kurs ist durch den Fjord­ver­lauf ja vorgegeben. Aber so richtig lockt uns noch kein Ziel. Die Enge bei Mis­sunde ist immer­hin eine lustige Kurverei, die wer­den wir uns heute gön­nen. Und wir wis­sen ja nun, wo vielle­icht Klaus und seine Panik aufzufind­en sind. Die Kurverei aber ist nicht nur Spaß, son­dern auch von Wind mit ca. 0 bis 0,1 Bft geprägt. Aus wech­sel­nden Rich­tun­gen. Trotz Gewicht­strimm und allen unseren Bin­nensegler­tricks geht es nur in Super-Slo­Mo weit­er. Da wis­sen wir noch nicht, dass dies der Wet­ter­gott für unser Tim­ing für ein Tre­f­fen mit der „Panik“ steuert. Wir haben sog­ar etwas Mühe, mit der net­ten Crew des Folke­bootes Salty die Schlei-Seit­en zu wech­seln, um uns dichter an die Mari­na zu hal­ten. (Dank an Jörg und Jan­nik für Eure Fotos!) Als sich unser Bug endlich vor den Kran schiebt, taucht langsam das Heck der Panik auf. Her­aus schiesst ein hek­tis­ch­er Wasserstrahl.

Boot unter dem Kran
Detlef Hoepfn­er Klaus hat ger­ade gekrant, als wir passieren – und muss extrem viel pumpen

Also nun wieder tief Luft holen und … tröt! Armin lacht sich halb kaputt über meinen verunglück­ten Sig­nal­stoß. Aber Klaus fällt uns ja son­st vor Schreck aus dem Boot mit dem Pump­schwen­gel in der Hand, wenn wir ihn so erschreck­en. Und wir sehen gle­ich: das ist da drüben doch ger­ade ein zu nass­es Vergnügem. Freudig-angestrengt gestikuliert und ruft Klaus zu uns rüber: „Na ihr habt es gut! Euer Boot ist dicht!“ Das Wass­er ste­ht ihm zwar nicht zum Hals, aber er bekommt im Boot doch ziem­lich nasse Füße. Das hat man selb­st bei einem Folke­boot auf Dauer nicht so gern. Was dann später hören: Sein ehre­namtlich­es Flüchtlingsen­gage­ment hat alle Boot­sar­beit­en daheim verzögert. Der Holzrumpf stand auch viel zu lange trock­en. Nun kämpft er mit einem kräfti­gen Wassere­in­bruch, über den auch noch die Pumpe kol­la­biert. Nach unserem kurzen Schnack und Weit­er­fahrt legt auch er mit Voll­gas ab, bei unserem Aussen­bor­der hätte dies wohl der Gashebel­stel­lung „Hase mit angelegten Ohren im Tief­flug“ entsprochen. Was ist let­ztlich die beste Lenzpumpe? „Ein erschrock­en­er See­mann mit einem großen Eimer.“ Auf eine kleine Sand­bank vor seinem Liege­platz geset­zt, ließ sich dann in Ruhe am ver­ankerten Boot weiterarbeiten.

Fleckeby oder Fleckeby?

Wir haben uns zwis­chen­zeitlich für das Ziel Flecke­by entsch­ieden, denn Schleswig lockt uns nicht so sehr. Vorher drehen wir eine kleine Runde vor dem Schloss Louisen­lund, wir scheinen dort aber nicht erwartet zu wer­den. Unser Ziel im Fer­n­glas ist der Yachthafen Flecke­by, denn der östlich direkt daneben liegende WSF scheint uns etwas selt­sam auf der Seekarte: die Stege sind von unzugänglichen Pon­tons umgeben, wir wer­den nicht so richtig schlau daraus.

Die Schlei mit all der Natur drumherum: Felder, Wälder, Wiesen, Knicks, Fis­chadler, Rehe auf Trep­pen – und dann all die ganzen Kuck­ucks 😀 …Zusam­men mit dem Folke­boot durch die Natur zu reisen, es ein­fach so genießen zu kön­nen – super schöne Zeit!

Armin Pech

Für unsere Rollen an Bord entwick­eln sich über die Jahre gewisse Vor­lieben. Die ver­suchen wir daher immer wieder ein wenig aufzubrechen, damit wir bei­de in allen Auf­gaben geübt bleiben. Aber jet­zt hantiere ich mit Pinne und Motor zwis­chen den Beinen und bin dankbar, dass Armin einen Blick auf die Karte wirft: „Das Fahrwass­er da vorne hast du gese­hen, oder?“ Ähm ja … natür­lich

In der Schlei kön­nen ne Menge “Dinge“ im Weg sein

Nun kor­rekt eingeschwenkt ent­deckt er auch gle­ich noch einen gut ans­teuer­baren Platz hin­ter den Pon­tons, die wir ursprünglich mei­den woll­ten. Kurz entschlossen lan­den wir so doch im WSF — eine der besten Entschei­dun­gen der Woche. Schon beim Anle­gen ste­ht jemand geduldig am Steg, bis wir uns entsch­ieden (und zwei Ton­nen Langkiel­er sich passend platziert) haben. Unsere Heck­leinen (hal­lo Sven 😉 ) erweisen sich wieder so eben zu kurz, es sei denn, ich wollte die ganze Nacht mit ihren Enden in den Hän­den auf dem Heck ste­hen bleiben. Also alles retour, gemein­sam wird eine passendere Box gefun­den und dort hin ver­holt.
Um uns wuseln dabei die üblichen Graubärte. Aber auch viele Kinder und Jugendliche flitzen über die Stege, und das nicht nur fein ausstaffiert für den Yachtie-Aus­flug. Was für ein angenehmer Unter­schied zu manch ein­för­miger Hafen­struk­tur. Wir fühlen uns super wohl. Ein paar Ein­heimis­che drehen ihre Segel­run­den in den sen­sa­tionellen Son­nenun­ter­gang. Far­big leuchtet er über der sich hier bre­it in Rich­tung Sonne aus­bre­i­t­en­den Schlei. Danach sind wir offen­bar allein im Hafen und genießen die Stille.
Gegen die Kälte hil­ft unser „Bern­steinz­im­mer“, wie Armin mir immer wieder den Stoff gewor­de­nen geschmack­lichen Tief­punkt aller bekan­nter Segel­macherkun­st schmack­haft zu machen ver­sucht. Da friere ich doch lieber, als in der Nähe so eines das Boot verun­stal­tenden Zeltes gese­hen zu wer­den! Aber auch meinen Vorschlag, dann doch wenig­stens die Auf- und Abbauerei zu sparen, indem wir kon­se­quent mit geset­ztem Zelt segeln, stösst im Team auf Ablehnung.

Klaus hat uns schon mit seinem magis­chen Feld­stech­er erah­nt, als wir auf dem Rück­weg wieder die Insel Kieholm ans­teuern. Wir leg­en kurz bei ihm an, erfahren die neuesten Entwick­lun­gen bei sein­er Boots- und Pumpen­reparatur an seinem Folke­boot und machen uns auf den Weg, die näch­ste Brück­enöff­nung in Lin­dau­nis zu erwis­chen. Wir erre­ichen sie sog­ar ver­früht und nutzen die Zeit für einige Segelschläge hin und her. Wie offen­bar sowieso eigentlich — ohne das nun zu sehr zu verk­lären — vor allem die Folke­boote auf der Schlei zu segeln scheinen. Andere nutzen sie eher als schnell zu über­windende Tran­sit­strecke in Rich­tung Ost­see, auf der es vor allem die zwei Klapp­brück­en opti­mal zu timen gilt.


Segel-Plan B – aber richtig

Pött-pött-Pött — der Motor des wertvollen Old­timer-Flugzeugs geht mehrfach an und aus, bevor es in einem Feld eine etwas sub­op­ti­male Bruch­landung hin­legt. Das Video, in dem ein erfahren­er Profip­i­lot seine Fehler analysiert, hat mich sehr beschäftigt. Nun, als Armins Arme und ein Heckp­fahl unseren Bug vor Kon­takt mit dem vor uns liegen­den Boot bewahren, kommt mir dessen Ker­naus­sage wieder in den Sinn: ein ein­mal ein­geleit­eter Plan oder Manöver soll auch vol­len­det wer­den. Möglichst wenig hin und her. Wir woll­ten hier eigentlich paar Box­en weit­er anle­gen im Zwis­chen­stopp Lin­dau­nis. Schnell umentsch­ieden — oh, hier ist eben­falls frei und die Aus­sicht schön­er — habe ich die Kurve dann jedoch nicht mehr ganz geschafft. Sich­er nicht ver­gle­ich­bar mit einem Not­fallplan der Fliegerei, wo ständi­ges Umentschei­den („ach, das schaffe ich schon … oder doch nicht … ach klappt schon … ohhh …) das Gehirn über­fordere. Ein abge­sproch­enes Manöver klappt aber halt nur dann, wenn man es auch prak­tiziert. Also erst mal weit­er­gleit­en, anhal­ten, guck­en, dann in Ruhe zurück. Unsere Schä­den jedoch hal­ten sich seit Jahren — bis auf einen selt­samer­weise plöt­zlich gekürzten Flaggen­stock — sehr in Gren­zen. Zu Zweit zu reisen, hil­ft da natür­lich unge­mein. „Alles nicht so ein­fach, wenn man alleine segelt“, bedankt sich ein kurz danach ein­tr­e­f­fend­er weit­er­er Folke­boot­segler neben uns beim Annehmen sein­er Leinen: seine zer­split­terte Bugspitze zeugt von einem frischen Kon­takt mit dänis­chem Beton bei zu viel Wind.

Unter Segeln durch die Klappbrücke Kappeln
Detlef Hoepfn­er Auch bei schnellen, wendi­gen Seglern mag die Brück­en-Crew Kap­peln den Motor hören

Wir Glücklichen

Eine richtig gute Entschei­dung war dage­gen, unsere Star­tideen den Umstän­den entsprechend bald an den Hak­en zu hän­gen. Nach drei Jahren woll­ten wir 2022 ja endlich wieder Däne­mark erre­ichen. Nicht auszu­denken der Stress und die Stim­mung, wenn wir laufend umge­plant und über­legt hät­ten, ob wir in den let­zten Tagen doch noch auf Biegen und Brechen irgend­wie nach DK gelan­gen kön­nten. Für Segel-Spaß, eine gute Zeit zusam­men auf dem Wass­er oder inspiri­erende Begeg­nun­gen ist dann auch egal, ob man fünf, 50 oder 100 Seemeilen gesegelt ist.
Und den Beu­tel mit dänis­chen Kro­nen wer­den wir auch so noch in Eis und Hot-Dogs getauscht bekommen!