Nix geht – everything flows

Detlef Hoepfner
Lesedauer < 1 Minute

16 leicht verschiedene 3d-Sounds vom Felderbachtal am Stadtrand Wuppertals.

Nix geht mehr im Lock­down nach der Arbeit. Statt Heimweg und Stau jet­zt abends Runde durch den Wald. Mal eine halbe Stunde ein­fach unter einen Baum set­zen. Frische Luft, als hät­ten wir alle schon Elek­troau­tos. Aber vor allem: total leise hier neuerd­ings, ohne den ent­fer­n­ten Fluglärm nach Düs­sel­dorf. Bekommt man die weni­gen verbliebe­nen Mini-Sounds einge­fan­gen? Also Kopfhör­er auf und Augen schließen. 

Aufgenom­men mit Sennheis­er Ambeo Smart (also Im-Ohr-Mikro­fo­nen), diversem pro­vi­sorischem Wind­schutz – tex­til­er Ohrschutz statt Mund­schutz. Hof­fentlich hat mich im Wald nie­mand beobachtet. Let­zte Störun­gen mit iZo­tope RX ent­fer­nt. Anson­sten total unbearbeitet. 

Vor­läu­fige Erken­nt­nis: Die akustis­che Hin­ten-Ortung ist trotz aller Bemühun­gen, sich geschickt vor Ort am/im Bach zu platzieren (ohne reinz­u­fall­en), etwas ernüchternd. Vor allem genau von hin­ten – aber wenn man ehrlich ist, klappt das auch in der Wirk­lichkeit schon ohne Auf­nahme nicht so wahnsin­nig toll. Ver­such­sweise habe ich die Umge­bungs­geräusche daher nicht genau nach hin­ten auf 180 Grad posi­tion­iert, son­dern vor Ort so aufgenom­men, dass sie eher leicht schräg von hin­ten auf die Mikro­fone trafen. 

Man ist doch ganz schön ver­wöh­nt vom Hyper­re­al­is­mus der per Post­pro­duc­tion mas­siv gepimpten Recordings.

(inspired by Doug Rifes Cat­fish Trail)

Sailing-Sounds recorden

Recording better sailing soundsDetlef Hoepfner

Lesedauer 12 Minuten[ eng­lish ver­sion]

Vor­beirauschende Luft sorgt nicht nur für unsere Fort­be­we­gung auf dem Wass­er, son­dern auch für eine wun­der­bare Sound-Kulisse. Diese Ein­drücke auf ein­er Audio-/Videoauf­nahme einz­u­fan­gen, ist schwierig – der Windzug sorgt im Mikro­fon für Arte­fak­te, die viele Auf­nah­men unbrauch­bar machen kön­nen. Das muss doch bess­er gehen? Erste Ver­suche mit einem Immer­sive-Sound-Head­set – hier im Video, unten beschrieben.

Ohne Luft kein Klang­trans­port zu unseren Ohren. Nur dumm, dass Mikro­fone nicht unter­schei­den kön­nen zwis­chen gewün­schtem Wohl- oder Dra­mak­lang und ein­er Böe, die es in der Auf­nahme ein­fach nur poltern und krachen lässt. Und wenn man sich ein­mal zwingt, die ständi­ge Audiokomen­sa­tion des Gehirns auszuschal­ten, hört auch ohne Mikro­fon im Wind: Schon der reine Wind­kon­takt mit den Ohrmuscheln sorgt für eine zusät­zliche Geräuschkulisse. Bis dahin, dass es Rad­fahrern deswe­gen schw­er­fällt, her­an­na­hende Autos rechtzeit­ig zu hören. Als Segler macht man sich dies sog­ar unwillkür­lich zunutze: Eine schein­bare Win­drich­tung spüre ich ein­fach­er, wenn ich ein wenig mit dem Kopf pen­dele und an den Ohren sowohl die Tem­per­atur des Windzugs spüre als auch das leichte Rauschen an der Ohrkante.

Mikro­fone und ihr Geg­n­er „Wind“

(Mikrofon-)Katzen kom­men mir nicht an Bord – schon gar nicht tot

Aus­pro­biert: Recor­dend rund um Ærø

In-Ear-Mikro­fone – eine Lösung?

Segel­prax­is mit dem Ambeo-Mikrofon

Segler-Kun­stkopf unter der Kapuze

Auf­nah­me­po­si­tio­nen: man kann ja nicht weit weg auf dem Boot

Audio-Nach­bear­beitung der Segelfilme: funk­tion­iert De-Wind?

Wind­schutzideen

Kurzfassung: Tipps gegen Windstörungen in Segelvideos

  • Winde­in­flüsse müssen (auch vom inter­nen)  Mikro­fon fer­nge­hal­ten werden
  • bess­er ein pro­vi­sorisch­er Schutz (Socke ums Smart­phone!), als gar keiner
  • nachträglich lassen sich Störun­gen nur mäßig ent­fer­nen, Hoch­pass­fil­ter nutzen
  • externe In-Ear-Mikro­fone liefert drastisch besseren Sound, das Set ist vertret­bar­er Zusatza­ufwand, muss aber auch vor Wind geschützt wer­den. Und sei es durch die zuge­zo­gene Kapuze!

Den kratzi­gen Audio­ef­fekt ken­nt jed­er, der ein­mal bei etwas Wind mit seinem Smart­phone eine kurze Auf­nahme ges­tartet hat: Es krächzt ein­fach nur furcht­bar. Mikro­fone sollen zwar die fein­ste Luft­be­we­gung im Schall reg­istri­eren, der kräftige Luftzug aber, der das Sig­nal poltern oder gar clippen/übersteuern lässt, aus­ge­blendet sein. Dabei han­delt es sich ja um die jew­eils gle­ichen „Luft­par­tikel“!

Umso schlim­mer trifft es uns, die wir ja bevorzugt auf dem Wass­er herumzis­chen. Und die den Wind generell eher pos­i­tiv bew­erten. An Bord sitzend und run­dum eine Fülle pos­i­tiv­er Ein­drücke mit allen Sin­nen aufnehmend bleibt dann auf dem Video oft nur ein wack­e­liger Hor­i­zont und ein lautes CHRRRRRRRRRRRR. Das nervt.

NDR-Dreharbeiten
Richtig mikro­foniert gegen den Wind: NDR-Dreh bei “Klas­sisch am Wind”. So eine “tote Katze” gilt es prak­tik­a­bel nachzu­bilden Mike Peuk­er

In der Record­ing-Tech­nik gibt es bewährte Gegen­mit­tel. Am bekan­ntesten ist die „Tote Katze“: Um das gefed­erte Mikro­fon wird ein großer Korb gebaut, der mit einem durch­läs­si­gen Fell umman­telt ist, sodass die Wucht des Luftzugs abge­bremst wird. Beson­ders schnell set­zen die tief­fre­quenten Attack­en ein; kein Wun­der, wenn man sich Fre­quenz und Wucht dieser böi­gen Wind­be­we­gun­gen vor Augen führt. Ist im Auf­nahme­set kein Raum für große Körbe, behil­ft man sich mit direkt am Mikro­fon befes­tigten, durch­läs­si­gen Fell­stück­en oder Schaumstoffbällen.

Pro­duk­te und Anleitun­gen dafür gibt es in den Fachme­di­en in Hülle und Fülle. Aber: Wenn man nicht als Reportage-Team an Bord, son­dern nur zu zweit in der Nässe auf dem Boot unter­wegs ist – wie soll man sich dann noch um eine Mord­skon­struk­tion mit Tonan­gel usw. küm­mern? Hin­ter­her sieht man dann noch aus wie die Hob­byan­gler, die dem armen Fisch bis an die Zähne bewaffnet auf die Pelle rück­en, als würde sich da ger­ade eine Marine-Elite­tauch­er-Ein­heit anschle­ichen. Eine weit­ere Möglichkeit wären nicht gerichtete und beson­ders abges­timmte Mikro­fone. DPA in Däne­mark hat­te dazu mal ein Video gedreht, in dem die Windempfind­lichkeit von Reportagemikro­fo­nen ver­glichen wurde. Entschei­dend scheint nicht nur die Aus­führung des Wind­schutzes im Mikro­fonko­rb, son­dern auch die Kapse­lab­stim­mung selbst.

Aber auch die nützen mir bei einem Spaß-Törn nix, wenn ich an der Pinne sitze und spon­tan denke: Wow, das muss ich schnell fil­men! Denn dann habe ich nur mein Smart­phone zur Hand, oder vielle­icht die Kom­pak­tkam­era oder DSLR.

In den let­zten Jahren haben wir bei diversen Törns in der Dänis­chen Süd­see einige pro­vi­sorische Audioauf­nah­men durchgetestet, denen eins gemein war: Unsere Aufmerk­samkeit galt in der Lin­ie dem Segeln, das Record­ing lief irgend­wie neben­her. Im Zweifels­fall gucke ich lieber ein­mal mehr auf die Seekarte als auf die Kam­era. Ich ver­passe lieber eine schöne Auf­nahme als die Hafene­in­fahrt. Und immer berück­sichti­gend: Ja, wenn man ersthaft aufn­immt, weiß man sehr genau, was zu tun ist. Aber: Fiel­d­recorder, ein Stapel vernün­ftiger Mikro­fone und und und – bleibt alles zu Hause, ich habe Urlaub! Dieses Sam­mel­suri­um für das Fil­men beim Segeln kam zum Einsatz:

Recorder
Schon mit einem ein­fachen Recorder (mit der Aussterung ver­traut machen!) wird der Ton zwar deut­lich bess­er. Muss aber danach zum Bild syn­chro­nisiert wer­den – und nicht vergessen, die Mikro­fone vor Wind zu schützen! Detlef Hoepfn­er

Klein­er Dig­i­tal­recorder: Keine schlechte Idee, aber ich will nicht steuern, fil­men und noch den Recorder bedi­enen! Etwas windgeschützt im Cock­pit z.B. aber kann man schöne Basis­sounds ein­fan­gen, die man dann später unter “mißratene” Video­clips mis­cht. Will man sich­er gehen: Min­destens eine Socke über die Mikro­fone ziehen.Smart­phone – na ja: Die meis­ten Videos nimmt man eh damit auf, also nutzt man auch dessen Mikro­fon. Unser Smart­phone steckt in einem wasser­festen, zum Mod­ell genau passenden wasserdicht­en Case. Über­raschung: Die Windgeräusche sind dadurch eher noch heftiger als ganz ohne Hülle. Aber zum Case gibt es keine Alter­na­tive, schon weil ich das Smart­phone dadurch per Sicherungs­band mal irgend­wo sich­ern kann, damit es nicht herumfliegt.

DSLR – Schrottsound: Die einge­baut­en Mikro­fone liefern immer­hin ein Stere­o­bild, sind bezüglich Win­dan­fäl­ligkeit aber das pure Grauen. Man kön­nte Fellschnipsel draufk­leben, in ein­er Sai­son habe ich immer schnell ein Hal­stuch um die Optik (und damit vor die Mikro­fone) gewick­elt. In der aktuellen Sai­son bin ich dies­bezüglich lei­der etwas vergesslich gewor­den. Resul­tat: Sound­schrott! Ja, es gibt ein­fache Auf­steck­mikro­fone. Aber die Kam­era (derzeit D750) rollt gele­gentlich beim Segel­manöver zwis­chen Tauen und unseren Füßen auf dem Cock­pit­bo­den herum (denn tiefer kann sie dann ja kaum noch fall­en) – da stecke ich doch keinen zer­brech­lichen Klim­bim oben an die Kam­era dran.

Übri­gens: Gim­bal … Ja, the­o­retisch gute Idee. In der Prax­is: Alles viel zu fum­melig, empfind­lich. Vielle­icht eine Option, wenn man fest immer ein Smart­phone “übrig” hat, es einges­pan­nt lässt und irgend­wo trock­en weglegt für bes­timmte Momente. Aber auf einem kleinen Boot ist eh schon alles zu viel, was man extra mit­nimmt. Zumin­d­est, wenn man – wie wir – für so eine Tour allen Segelkrem­pel von ver­schiede­nen Booten zusam­men­sam­melt und auf ein geliehenes Boot umsortiert.
Also trainiert der ein­armige Kapitän bess­er weit­er seinen Kam­er­aarm und die Aus­gle­ichs­be­we­gun­gen in den Knien.

Es gibt schon länger eine kleine Szene von Nerds, die als Son­der­an­fer­ti­gun­gen  oder Klein­se­rien kom­pak­te Mikro­fone in der Form von In-Ear-Mikro­fo­nen tra­gen und witzige Videos drehen, in denen sich ein sehr plas­tis­ch­er, immer­siv­er Sur­round-Sound der Umge­bungk­länge erleben lässt. Sound­man in Berlin ist ein­er dieser Pio­niere. Sennheis­er hat diese Idee 2017/2018 eben­falls aufge­grif­f­en und in ein Serien­pro­dukt über­führt. Super­prak­tisch: Es kann ohne externes Inter­face direkt an einem einiger­maßen aktuellen iPhone betrieben wer­den, und es dient auch gle­ichzeit­ig als Hör­er. Sport- oder Action­szenen ste­hen dabei aber derzeit wohl nicht an erster Stelle. Unter dem „Ambeo“-Label forciert Sennheis­er darüber hin­aus aber auch eine ganze Rei­he pro­fes­sioneller Pro­duk­te rund um die Pro­duk­tion immer­siv­er Sounder­leb­nisse, die Kol­le­gen von Sound&Recording stellen sie hier vor.

Meine eige­nen Mehrkanal­ton-Instal­la­tio­nen zu Hause habe ich zwar kom­plett abge­baut und weggepackt – aber kön­nte diese Hör­er/Mikro­fon-Kom­bi­na­tion für Smart­phones eine Lösung sein? Für meinen Immer­sive-Sound-Grund­la­ge­nar­tikel hat­te ich sowieso ein Foto­muster von Sennheis­ers Ambeo-Hoff­nungsträger im Büro, also ein­mal ab damit nach draußen. Die diversen Schal­ter und Knöpfe haben mich direkt über­fordert, also doch bess­er mal fünf Minuten damit beschäfti­gen: Es gibt einige Funk­tio­nen, die auch das Wahrnehmen von Umge­bungs­geräuschen verbessern, wenn man mit den Stöpseln im Ohr musikhörend herum­läuft – was ich nie mache, schon weil ich ein­fach solche Dinger im Ohr nicht lei­den kann. Plus dass ich wenig Bedarf haben, die meist schö­nen Klänge um mich herum durch Alter­na­tivbeschal­lung zu übertönen.

Sennheiser Ambeo Headset
Sennheis­er Ambeo Smart Head­set mit Bedi­enein­heit, zwei Ohrbügeln incl. Hör­ern und Mikro­fo­nen sowie Smart­phone-Steck­er Detlef Hoepfn­er
Die drei ersten Ergeb­nisse mit dem Sennheis­er Ambeo vor dem Törn:
  • Das Sennheis­er Ambeo liefert eine sehr schöne Raum­ab­bil­dung. Da kann man jet­zt lange nerdig über die Qual­ität der Vorne- oder Hin­ten-Ortung disku­tieren – aber hey, das ist ein Con­sumer-Pro­dukt. Und über die inter­nen Wan­dler kann man aktiv mithören, man ist während der Auf­nahme nicht isoliert. Gut!
  • Das Sennheis­er Ambeo ist erst ein­mal nicht weniger win­dan­fäl­lig. Meine Hoff­nung, dass Form, Abstim­mung und Posi­tion der Mikro­fone in den Ohren vielle­icht beson­dere Vorteile bezüglich der Win­dan­fäl­ligkeit böten, hat sich lei­der nicht bestätigt. Den­noch sind später beim Segeln sehr coole Auf­nah­men entstanden.
  • Die Hand­habung ist eben wie sie so bei dieser Pro­duk­t­gat­tung ist (und mich auf die Palme bringt): Erst mal heißt es immer, die Kabel zu ent­tüd­deln und den richti­gen Stöpsel ins richtige Ohr zu bekom­men. Auf Dauer würde ich mir jeden­falls rot/grüne Markierun­gen für Back- und Steuer­bord-Ohr dran­kleben. Die Gen­er­a­tion, die zusät­zlich zur Nabelschnur mit zwei weit­eren Strip­pen zur Welt gekom­men ist, agiert da sich­er geduldiger.

Gele­gen­heit zum Prax­is­test hat­te ich sieben Tage lang auf dem Wass­er und auf diversen dänis­chen Inseln – the­o­retisch. Tat­säch­lich mit dem Ambeo aufgenom­men habe ich … vielle­icht eine halbe Stunde in Summe, lei­der nur. Denn selb­st bei ein­er ganzen Woche auf dem Folke­boot (einem über 70 Jahre alten Schmuck­stück von www.klassisch-am-wind.de) ist man so viel mit wun­der­baren Auf­gaben wie Segel­prax­is, Törn­pla­nung, Wet­ter­beobach­tung, Karte­nar­beit, Kartof­felschälen oder Löch­er-in-die-Luft-guck­en beschäftigt, dass der ganze Elek­tron­ikkram in den Hin­ter­grund rückt. Und sicheres Ankom­men via attrak­tiv­er Routen ste­ht bei den Touren ganz im Vorder­grund. Alle Auf­nah­men, die ich nun in einem Video zusam­mengeschnit­ten habe, ent­standen daher zu nur zwei Gelegenheiten.

Die größte prak­tis­che Ein­schränkung: Man hat schon eine Segel­jacke an – jeden­falls bei unseren fast durchgängig sehr stür­mis­chen Tagen. Darüber eine mehr oder weniger mar­tialis­che Ret­tungsweste. Da ist dann vorne manch­mal noch ein Lifebelt einge­hakt. Das Smart­phone (mit zusät­zlich laufend­er Seekarten-App) steckt wasserdicht ver­packt in der Hosen­tasche. Jet­zt noch zwei fil­igrane Kabel sortieren, Mikro­fon­stöpsel in die Ohren, das iPhone-Case öff­nen und Mikro­fon und Smart­phone verbinden? Bei rup­pigem Wet­ter eine Herausforderung.

Mit Kapuze segeln
Je nach Wet­ter ist man eher beschäftigt, die näch­ste Tonne nicht zu ver­passen oder von Bord zu fliegen, als jet­zt noch Record­ing-Equip­ment zu instal­lieren Armin Pech

Und dann noch der Wind. Gegen die Windempfind­lichkeit testete ich zuvor einige banale Tricks, wie ein über die Ohren hochge­zo­genes Hal­stuch (kein überzeu­gen­des Ergeb­nis). Unter­wegs griff ich dann mehr oder weniger aus Rat­losigkeit dazu, ein­fach die Kapuze der Regen­jacke über die Mikro­fone in den Ohren zu ziehen. Dem Audio­profi dreht sich da natür­lich der Magen um: Nicht wegen der Schaukelei, son­dern ein „Kun­stkopfmikro­fon am leben­den Sub­jekt“ mit drüberge­zo­gen­er Kapuze macht jet­zt nicht so viel Sinn, oder? Die ganzen Reflex­io­nen rund um die Ohrmuschel wer­den ja total gestört, erhal­ten bleiben immer­hin die Laufzeitun­ter­schiede zwis­chen den Ohren. Und für die Hochtonauf­nahme ist das auch nicht erste Wahl. Dabei finde ich einen Audio­ef­fekt beson­ders stark: Im Folke­boot sitzt man sehr tief direkt in der Nähe der Wasser­ober­fläche. Die vom gek­link­erten Rumpf gebroch­enen Wellen rauschen direkt neben einem vor­bei. Mil­liar­den von winzi­gen Bläschen zer­platzen und erzeu­gen einen ganz eige­nen Sound. Alles da in der Real­ität: Bässe, Mit­ten, feine Höhen.

Ob das auf­nah­me­tech­nisch opti­mal ist, weiß ich noch nicht, aber super bewährt hat sich auch das aktive Mithören während der Auf­nahme bei den Sennheis­ers: An Bord bei etwas Welle herumk­let­ternd bekomme ich eigentlich direkt ein ungutes Gefühl, wenn ich mir die Ohren zustöpse­le. In dem Moment merkt man erst, wieviel Ori­en­tierungssinn auch über das Gehör läuft. Aktiviert hört man eher so, als wären die Stöpsel nicht im Ohr – sozusagen das Gegen­teil des (eben­falls möglichen) Noise Can­cel­ing.

Aufnahme am Süllrand
Detlef Hoepfn­er

Aufgenom­men habe ich mehrere Posi­tio­nen: Tief über dem Wass­er in Lee nach vorne sehen, dann nach hin­ten übers Heck blick­end (und dadurch mehr von der Kapuze geschützt, da der Wind ja bei den meis­ten Kursen eher vor­lich ein­fällt). Noch geschützter tiefer im Cock­pit sitzend, wobei ein zweit­er Sound immer stärk­er dominiert: Wenn der außen nicht glat­te, son­dern durch die Klink­er­bauweise „stu­fige“ Holzrumpf in die Wellen taucht, pro­duziert er recht fette, tief­fre­quente Klänge, die ich zulet­zt noch im Bootsin­neren auf­nahm. Dort drin­nen ohne Kapuze, wobei hier wenig Hochfre­quen­zan­teile zu vernehmen sind, bis auf das diverse Geklap­per von einigem Krem­pel (wie sich­er und trock­en man vorher auch alles ver­staut haben mag).

Die Ergeb­nisse sind, nach­dem ich noch einen jew­eils angepassten Hoch­pass gegen die verbliebe­nen Wind-Rum­pler angewen­det habe, angesichts der Umstände verblüf­fend gut! Mein per­sön­liche Favorit im Video: Der Blick auf den Kom­pass im Cock­pit, der wenig Wind ein­f­ing, daher noch viel Tiefton­in­halt behielt und eine Mis­chung aus don­nern­dem Holzrumpf, rauschen­den Wellen und den diversen Boots­geräuschen bietet. Auch ein seitlich­er Blick in Lee zum Bug bietet mir Hör­genuss: An Back­bord rauschen die Wellen von vorne seitlich nach hin­ten vor­bei, an Steuer­bord dominiert der Boots-Sound, und zwis­chen­durch klap­pern Details wie der Schäkel, der am Großbaum irgend­wo über/hinter einem für die herun­ter­hän­gende Dirk angeschla­gen ist. Schwierig zu unter­schei­den ist manch­mal, woher einige der „Crack­les“ in den Auf­nah­men stam­men: Es kann sich um kleine Klap­pereien am Boot han­deln, Wasser­spritzer, das Sch­aben der Regen­jacke am Mikro­fon – oder kom­men sich da Mikro­fon und Haare in die Quere? Also direkt mal zum Friseur, Ohren freischneiden.

Ver­lock­end ist die Per­spek­tive, die ganzen Fehler und Audiostörun­gen eines Video­clips in der Nach­bear­beitung mit ein, zwei Tricks schnell zu kor­rigieren. Das ist im Fall der Windgeräusche eine Illu­sion.

So lange es sich um sehr tief­fre­quente  Störun­gen han­delt, kann man diese – wie bei den Ambeo-Auf­nah­men unter der Kapuze prak­tiziert – mit einem Hoch­pass dämpfen. Die Win­drum­pler ver­schwinden weit­ge­hend, damit aber auch der “Rumms”, wenn die Welle den Bug trifft. Da kann man noch ein wenig pfuschen (wie im Intro meines Videos), indem man eine saubere Auf­nahme im LF drun­ter­mis­cht. Zur Verdeut­lichung ein Beispiel, aufgenom­men m Hafen: Das wieder­holte Muster aus senkrecht­en orangen Lin­ien sind die schla­gen­den Fall­en run­dum, auf dem recht­en Ohr (unten) beson­ders am Anfang Wind­stöße, und durchgängig “Wind­druck” im LF-/Tiefton­bere­ich.

Windspektrum
Sehr kräftige LF-Störung auf bei­den Ohren, aufgenom­men bei wenig Wind am Ufer Detlef Hoepfn­er

Hochpassfilter
Hoch­pass­fil­ter 200 Hz – das nimmt neben dem tiefen Rumpeln schon Grund­ton weg Detlef Hoepfn­er

mit Hochpass
Ergeb­nis mit HPF – das Schla­gen der Fall­en im Hafen ist weit­er zu hören (orange Striche in Fen­ster­mitte), der ganze tiefe Win­dan­teil ist gedämpft Detlef Hoepfn­er
Beson­ders prob­lema­tisch ist aber, wenn die Wind­störun­gen im Fre­quen­zspek­trum sehr bre­it aus­fall­en. Und das ist meis­tens der Fall. Noch schlim­mer: Es han­delt sich nicht um einzelne, kleine Audio­events, son­dern die Störung dauert mehrere Sekun­den an. Meine Videoauf­nahme in Luv ste­hen und zum Bug blick­end zeigt, dass dann die Hil­fe via Hoch­pass­fil­ter schnell zu Frust führt: Die Auf­nahme wird dann ziem­lich “dünn”, weil man das Fil­ter bis in den Mit­tel­ton­bere­ich hochschieben muss.

Windstoß
Der kräftige Wind­stoß anfangs auf dem recht­en Ohr reicht im Spek­trum bis über 1 kHz hin­auf – per Hoch­pass­fil­terung würde hier schon viel von der Auf­nahme ver­loren gehen Detlef Hoepfn­er
Aber kön­nen hier nicht mod­erne Fea­tures wie das De-Wind-Plu­g­in von iZo­tope RX6 ret­tend ein­greifen? Nach mein­er Erfahrung: Schwierig. Die Tools sind dazu entwick­elt, aus ein­er nicht ide­alen Auf­nahme ein konkretes Nutzsig­nal – wie einen Dia­log – sauber her­auszuisolieren. Wir haben aber bre­it­bandi­ges Meeres­rauschen, lange brechende Wellen, Wind­heulen im Rigg – wie soll da ein Algo­rith­mus unter­schei­den, welch­es Rauschen gewollt und welch­es böse Wind­störun­gen in der Mikro­fonkapsel sind? Wie auch immer ich die Para­me­ter gedreht habe: entwed­er es blieb die Wind­störung, oder es gab viel Arte­fak­te, oder beides.

Windstörungs/Wellen-Mix
Wind­störungs/Wellen-Mix von Bord – das zu tren­nen, würde ewig dauern Detlef Hoepfn­er
Was dage­gen möglich ist, ist das par­tielle Ent­fer­nen kurz­er Störun­gen Schnipsel für Schnipsel, eventuell getren­nt für L und R. Auch die Ret­tung via Spek­tral-Repair kann da erfol­gre­ich sein. Aber wenn man sich oben ein­mal dieses Spek­trum von Bord ansieht, aufgenom­men mit einem durch­schnit­tlichen Smart­phone: Völ­lig über­trieben, hier jet­zt nächte­lang die einzel­nen Wind­störun­gen im Mikro­fon (grün, hun­dert­fach sich wieder­holend) vom Wellen­rauschen (blau) tren­nen zu wollen. Ver­mut­lich bekäme man eher das gewün­schte Nutzsig­nal – Wellen- und Wasser­rauschen – weggerechnet …

Langer Rede kurz­er Sinn: Mit den In-Ear-Mikro­fo­nen bekommt man tolle Sounds hin, aber was auch immer man benutzt: es geht kein Weg an einem Wind­schutz vor­bei. Und sei es eine schnell übers Mikro­fon oder Smart­phone gezo­gene Socke.

Nach einiger Grü­belei entwick­elte ich eine weit­ere Idee für die smarten In-Ear-Mikro­fone: Man müsste doch eine Art Kopfhör­er bauen, nur als Wind­schutz … das Mate­r­i­al dafür ist auf dem Weg zu mir für eine sim­ple und eine etwas aufwändi­gere Idee mit mehr (gut!) oder etwas weniger Abstand zum Mikrofon.

Um dann festzustellen, dass Rycote sowas bere­its für die Sound­man-Mikro­fone baut und über die gängi­gen Musik­er-Onli­neshops anbi­etet. [Emoti­con: flache Hand vor die Stirn schla­gend …] Kann dann ja wohl nicht so abwegig sein; mehr dazu hier als Nach­trag nach erfol­gter Bas­tel- und Erprobungsrunde!


Dis­claimer: Boot gechar­tert bei Mike Peuk­er, zusät­zliche Auf­nah­men und Tests bei www.segeln.ruhr, kreative Diskus­sio­nen mit den Jungs von www.soundandrecording.de und www.kameramann.de in den Neben­büros, Sennheis­er Ambeo für ein anderes The­ma geliehen bei Sennheiser. 

Und an alle SEO-Freaks, die jet­zt mit Blick auf das Mate­r­i­al hier jam­mern “Das macht doch so alles keinen Sinn!”: Segeln macht auch gar keinen Sinn!

Immersive Sound – auch wieder nur Quadro?

Soundscape-DemohalleDetlef Hoepfner

Lesedauer < 1 MinuteImmer­sive Sound, 3D-Sound, Sur­round Sound, Wellen­feldsyn­these … die pro­fes­sionelle Audiotech­nik nimmt einen neuen Anlauf, mehrkanalige Wieder­gabesys­teme zu etablieren. Mein­er – zugegeben – ersten Skep­sis (die per­sön­liche Sur­round-Intstal­la­tions-Begeis­terung ist nach einem let­zten Auf­bäu­men mit dem Ver­legen von Kabelka­nälen im neuen Estrich kom­plett eingeschlafen, ich höre jet­zt zu Hause mono …) fol­gte dann doch 2017/2018 einige Aha-Effek­te: Sich­er, den Her­stellern liegt am Herzen, angesichts der über­mächti­gen Dom­i­nanz visueller Event-Tech­nik nicht ganz ins Abseits zu ger­at­en. Wom­it weniger die gesellschaftliche Anerken­nung, als vielmehr die Tech­nik-Bud­gets gemeint sind. Und die Musik wird weit­er vor dem Mikro­fon gemacht, wie man hier in unserem Bericht “Ich mis­che 1.0” zum Sound der Rolling Stones nach­le­sen kann.

Aber die aktuellen Work­flows, mit denen sich auch kom­plexere Laut­sprech­er-Kon­stel­la­tio­nen super pla­nen, umset­zen und steuern lassen – und die im “Vol­laus­bau” auch eine richtig fette Sur­round-Instal­la­tion ein­fach­er beherrschbar machen – sind auch geeignete Tools, sozusagen “Vorstufen” eines Immer­sive-Sounds zu real­isieren: Mit nur weni­gen Quellen mehr an der Bühne gelingt beispiel­sweise  das Sound-Image schon drastisch bess­er, auch ganz ohne Hubschrauber-Herumflatterei.

In den let­zten Monat­en hat­te ich etliche gute Gele­gen­heit­en, mich darüber mit Experten auszu­tauschen, Mei­n­un­gen und Tipps einz­u­fan­gen, und natür­lich etliche Beispielauf­bauen zu hören. Diese aktuellen Trends und Tipps habe ich hier bei Pro­duc­tion Part­ner zusammengefasst.